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durch die Behauptung zu entziehen suchte, man verlange zu viel von ihm, mehr als von anderen, oder aus anderen Gründen. Je rascher die Meisterzahl einer Zunft wuchs, um so eher wird die Notwendigkeit schriftlicher Norm empfunden worden sein: viel Köpfe, viel Sinne. Und je vielfacher die Anforderungen wurden, die das Handwerk an den Lehrjungen bei seiner Aufnahme und Lossprache, wie an den ums Meisterrecht werbenden Gesellen stellte, je mehr Wichtigkeit der strengen Einhaltung äußerlicher, unwesentlicher und kleinlicher Bestimmungen und Formen beigelegt wurde, um so weniger war ohne schriftliche Norm auszukommen.

Die ältesten Ordnungen wurden vom Handwerk selbst aufgestellt und in der ersten Zeit, oft wenigstens, nicht der Behörde zur Konfirmation vorgelegt. Denn das Handwerk besaß volle Autonomie.

Verschiedene Gründe sind es, die zur Einholung einer behördlichen Konfirmation zwangen. Einmal konnte es nicht fehlen, daß die Autonomie der Zünfte mit der Stadtverwaltung oder der Befugnis des Landesfürsten in Widerspruch kam, und daß nun die Behörden selbst sich die Ordnungen vorlegen ließen, änderten und schließlich sie erst als giltig anerkannten, wenn sie von ihnen gebilligt, d. h. konfirmiert waren. Bei der späteren Entwickelung der Handwerke konnte aber auch von dem Handwerk selbst die Hilfe der Obrigkeit gar nicht entbehrt werden. Reichte auf der einen Seite die eigene, durch die Behörde allmählich beschränkte Autonomie widerspenstigen Meistern gegenüber schon nicht mehr aus, so sah sich auf der anderen Seite das Handwerk gegenüber der verhängnisvoll werdenden Macht der Gesellenverbindungen und der großen Zahl von Störern, die es freilich durch sein Streben, die Erwerbung des Meisterrechts aufs äußerste zu erschweren, selbst erzog, ohnmächtig und gezwungen, obrigkeitliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Seit dem 16. Jahrhundert wird öfter in den Ordnungen selbst dieser oder jener der genannten Punkte als die Veranlassung bezeichnet, warum sie abgefaßt und warum ihre behördliche Bestätigung erbeten werde. Erst wenn diese erlangt worden war, konnte man auf Schutz und Hilfe der Behörde rechnen[1].


  1. Gelegentlich wird von Handwerken behauptet, durch die Landesordnungen von 1550 und 1555, durch die kurfürstlichen Polizeiordnungen von 1661 und 1697 Tit. 21 § 1, sowie durch besondere Mandate von 1603 und 1613, sei verordnet worden, daß Handwerke, die „bestätigte Innungen“ vorzulegen hätten, bei ihren guten Gewohnheiten und Gerechtigkeiten geschützt werden sollten. RA Posament. 21. Bl. 58b und RA Steinmetzen 10. fol. 1. 1697.