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Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/29

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der freundlichen Residenzstadt nicht ein bodenständiges, sondern fast gänzlich von Dresden aus befruchtet.

Am Hofe hatte es vor allem in dem Hofmaler Karl Christian Kehrer seinen Vertreter. Dieser, zwei Jahre lang in Dresden unter Casanova ausgebildet, hatte sich auf den verschiedensten Gebieten der Malerei, in Genre, Landschaft, Porträt, Jagdstück und Historie, versucht und in den zwanziger Jahren durch mehrere Gemälde zu deutschen Dichtungen, die er in Berlin und Dresden zeigte, einiges Aufsehen erregt. Im akademischen Zopfe weiterarbeitend, verhielt er sich gegen jede neue Strömung in der Malerei von vornherein ablehnend. Von ihm konnte also Rayski keine bemerkenswerte Förderung erwarten.

Selbständigeren Geistes, als dieser Akademiker, schuf eine begabte, jetzt leider fast gänzlich vergessene Malerin, Caroline Bardua[1] (1781 – 1864). Tochter eines herzoglichen Kammerdieners in Ballenstedt, hatte sie früh ihrem Drange Folge geleistet, sich der Kunst zu widmen. Der gefeierte Fürsten- und Dichtermaler Gerhard von Kügelgen in Dresden wurde ihr Lehrer. Nachdem sie in den Jahren 1809 bis 1811 (und nochmals 1813) unter diesem Meister sich zu einer der tüchtigsten Porträtmalerinnen herangebildet hatte, lebte sie zunächst wiederum in Ballenstedt, dann in Halberstadt, Halle, Magdeburg und Leipzig. 1819 siedelte sie mit ihrer Familie nach Berlin über, kam aber auch von dort aus noch wiederholt nach ihrem Geburtsorte. Als Rayski in Ballenstedt weilte, rüstete sich Caroline gerade zu einer Reise nach Paris. Sie wollte im Zentrum der französischen Kunst neue Anregungen gewinnen und ihr Können vertiefen. 1829 trat sie ihre Reise an, nicht ohne noch vorher von Altmeister Goethe, der sie aufrichtig verehrte, in Weimar Abschied zu nehmen.

Es ist gewiß kein Fehlschluß, wenn wir Caroline Bardua, die in den verschiedensten Kreisen Ballenstedts, auch am Hofe, wegen ihres anregenden Temperamentes wohlgelitten war, und mit der Rayski damals sicherlich zusammengekommen ist, einen wesentlichen


  1. Vgl. über diese Künstlerin: Wilhelmine Bardua, Jugendleben der Malerin Caroline Bardua. Nach einem Manuskript herausgegeben von W. Schwarz (Breslau 1874) und von Biedermann, Goethe und Dresden (1875) S.24 f., 122, 125f. (daselbst auch noch Literatur). Ihr mit Kreide gezeichnetes Selbstbildnis ist im Dresdner Stadtmuseum.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/29&oldid=- (Version vom 15.2.2024)