Einfluß auf den künstlerisch so empfänglichen jungen Offizier zuschreiben. Wahrscheinlich hat sie in ihm das Interesse an der Bildnismalerei erweckt; sonst läßt es sich gar nicht erklären, daß er plötzlich als Porträtist hervortritt. Sie vor allem mag es auch gewesen sein, die seinen Blick auf Paris hinlenkte, jene Weltmetropole, die nach alter Tradition im Kunstgeschmack noch immer den Ton angab.
Kurz vor der Anwesenheit Rayskis in Ballenstedt und während derselben entsandte die kleine Residenz auch wiederholt begabte Kunstjünger zur Dresdner Akademie. So Carl Baumbach, der 1819 in die „Kunstschule“ der Akademie eintrat und 1820 bis 1824 unter den Professoren Hartmann und Matthäi seine Ausbildung vollendete – teilweise also zu einer Zeit, in der auch Rayski die Akademie besuchte. Baumbach ward später ein sehr geschätzter Bildnismaler und hat lange Zeit in München erfolgreich gearbeitet. Sein Landsmann August Becker vervollkommnete sich seit 1827 unter dem berühmten Claußen Dahl in der Landschaftsmalerei, gleichzeitig mit seinem später in Dresden tätigen Freunde Christian Friedrich Gille. Mit diesen Künstlern traf Rayski in der Folgezeit wieder zusammen; Becker scheint sogar von weitestgehender Einwirkung auf ihn geworden zu sein.
So von seiten des Hofes mit Entgegenkommen behandelt, auch künstlerisch mannigfaltig angeregt, hätte Rayski in dem freundlichen Bergstädtchen am Harz sich wohl eine schöne Zukunft schaffen können. Aber er vernichtete diese Hoffnung durch eigene Schuld. Die geschichtliche Wahrhaftigkeit fordert es, auch der Schattenseiten des Ballenstedter Aufenthaltes zu gedenken. Es geht durch diesen Lebensabschnitt unseres Künstlers ein Zug von Unbefriedigtheit, die der junge Mann gerade auf falsche Weise, durch ein flottes Leben, zu betäuben suchte. Doch ist dieses Verhalten psychologisch wohl erklärlich. Es erscheint als die natürliche Reaktion gegen die gedrückten Verhältnisse, unter denen der im Grunde lebensfroh Veranlagte trotz aller ihm erwiesenen Liebe hatte aufwachsen müssen. Jetzt, da er freier über sich selbst bestimmen konnte, beherrschte ihn der schrankenlose Optimismus der Jugend, der nicht immer in grüblerischer Selbstprüfung die Konsequenzen seines Handelns zieht.
Für Raystis Stellung mußte solches Gebaren allerdings von bedenklichen Folgen sein. Er geriet in Schulden, und da die
Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/30&oldid=- (Version vom 15.2.2024)