eine schwere Pestzeit, „indem damals die herumbschweifende Seuche sich an vielen Orten vermerken lassen[1]“. Man begrub die Toten der Ansteckungsgefahr wegen zumeist nicht auf dem Kirchhof, sondern die Angehörigen bestatteten sie in ihren Gärten und Feldern oder auf ihren Weinbergen. 1703, am 23. November ward Böhme 67 Jahre alt melancholia laborante tot in der Elbe nahe dem Ufer gefunden[2]. Eine merkwürdige Sage knüpfte sich an das Bild, das bis vor kurzer Zeit in der Kirche von ihm erhalten war: man sagte, es weine an einem bestimmten Tage des Jahres[3].
Die Kirchfahrt war unter Böhme immer „volkreicher“ geworden. In demselben Jahr, in welchem Böhmes Nachfolger Christian Kühn (1703–1719) starb, wurde dem Pfarrer ein zweiter Geistlicher zur Unterstützung beigegeben und das Kaditzer Diakonat errichtet.
Auf Kühn, dessen Bild in der Kirche noch vorhanden ist, folgen die Pfarrer Michael Ehregott Marggraf aus Oschatz (1719–1727) und Johann Gottlob Vulturius, zu deutsch Geyer, aus Oderan (1728–1740). Unter Vulturius wurden mehrere der sogenannten Kirchkühe, Teile des kirchlichen Vermögens, von den Schuldnern bar abgelöst[4]. Vor ihm bereits begegnen uns in den Kirchenbüchern mehrere Fälle, wo Nachbarn, gegen deren Wandel und kirchliche Sitte Bedenken bestanden, „in aller Stille“ an einer abgelegenen Stelle des Kirchhofs beigesetzt wurden. Unter Böhme war 1672 ein Schneider zu Radebeul „wegen seines gottlosen Lebens und daß er innerhalb 5 Jahren sich nur einmal zum Beichtstuhl gefunden, auf Anordnung allhier auf dem Kirchhof bei dem hintern Tor an die Mauer, Andern zum Exempel, begraben worden.“ Eine Sage erzählt, daß ein Eisen in der alten Linde am Kirchtor zu Kaditz früher dazu gedient habe, die Büßer festzuhalten. Wahrscheinlich diente die alte Linde, wie dies ähnlich andernorts bezeugt ist, als Gemeindepranger. Unter Vulturius fand eine Erweiterung des Kirchhofs statt[5]. Die Kirchfahrt wuchs noch stärker, da die Winzereien der Lößnitz und anderer Teile des Kirchspiels sich vermehrten.
Otto Trautmann: Kaditz bei Dresden. i. A. des Verein für Geschichte und Topographie Dresdens und seiner Umgebung, Dresden 1909, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft21VereinGeschichteDresden1909.djvu/113&oldid=- (Version vom 29.3.2023)