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Der Obödientiar[1] war der Herr des Dorfs, ihm fielen neben den Erbzinsen die Erträgnisse der niederen Gerichtsbarkeit, die Straf- und sonstigen Gerichtsgebühren zu. Ob der Obödientiar die Gerichtspflege in eigner Person übte oder durch einen Beauftragten üben ließ, dafür liegen hier keine Zeugnisse vor, die Verwaltung der Einkünfte lag 1529 in seiner eignen Hand. Die Entlegenheit des Orts von dem Amtssitz des Domstifts tat nichts zur Sache. Als die Gerichtspflege der Obödienzen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweislich in den Händen des kurfürstlichen Prokuraturverwalters vereinigt war, blieb der Sitz des Gerichtsherrn für Kaditz, Mickten usw. nach wie vor Meißen, ebenso wie umgekehrt das unterhalb Meißen gelegene Dorf Mischwitz seine Obrigkeit im Rat zu Dresden hatte. Nur von den zur wendischen Obödienz gehörigen, bei Bautzen gelegenen Dörfern Gnaschwitz, Dobranitz, Coblenz und Cannewitz erfahren wir, daß 1565 die Gerichte an den Rat zu Bischofswerda verpachtet werden, „weil die Prokurator zu Meißen zu entlegen" (die Fronden waren gleichzeitig für 20 Gulden jährlich an Hans von Schlieben auf Pulsnitz verpachtet[2]). 1612 aber finden sich wieder Käufe von Dörfern der wendischen Obödienz bei Bautzen im Kaufbuch der Prokuratur zu Meißen eingetragen[3].

Die niedere Gerichtsbarkeit beschränkte sich auf die Sühnen für das, was des Dorfes Frieden störte: Beleidigungen, geringe Tätlichkeiten, auf die Schlichtung von wirtschaftlichen Streitigkeiten, ferner auf die Genehmigung zu Rechtshandlungen, welche wir heute unter dem Namen der freiwilligen Gerichtsbarkeit begreifen, zu Käufen und Verpachtungen, sowie auf die Entscheidung über Schuldklagen.


  1. Inhaber der Obödienz waren 1496 Doktor Nicolaus von Heynitz (Registrum 8987), 1529 der Domherr Heinrich Mönch (Vicarien 8987), 1547 Julius Pflug, der letzte Bischof von Naumburg, der vor seiner Ernennung zum Bischof gegen des Stifts Bestimmungen, aber nach der Unsitte der Zeit Pfründen verschiedener Kapitel auf sich vereinigte (Erbbuch D.). Siehe hierzu v. Brunn, das Domkapitel von Meißen, MM. VI. Bd., 2. Heft. – Zu den Einkünften der Obödienz vgl. Vicarien 8987, Bl. 167. – Heinrich Mönch saß „in der Kaine“ [zu Niederjahna], wo sein Geschlecht schon 1443 [Cod. II, 4, S. 64] und auch nach ihm noch saß. Er „versetzte“ Zinsen zu Kaditz [DA. M. C. 351. Regestum censuum (Receptiones) 1528].
  2. DA. M. C. 1122. Obedienz Wendische und einige von den zu solcher Ob. geh. Dörfern.
  3. 16. Handelsb. P.A. Bl. 424.