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appellatur, das 1285 bei einem Lehngut zu Baßlitz erwähnt wird[1], dürfte in der Hauptsache wohl ebenfalls erbrechtlicher Art gewesen sein, da es den Rechtsanspruch auf das Gut darstellte.

Von einem hospitium, einer Gastpflicht der Lehngüter ist nichts überliefert, auch nicht zu Golberode, wo dies am ehesten erwartet werden kann.

In die Entwicklung der spätmittelalterlichen Verhältnisse fügte sich das bäuerliche Lehngutwesen fremdartig ein. Wir finden bereits die Lehngutsbesitzer zu Torna im Zwist mit dem Grundherrn. Das Lehngutwesen war im 16. Jahrhundert überlebt und fiel aus den bäuerlichen Zuständen heraus. Daß der Boden, auf welchem wir die Lehngüter zu Ostra, Coschütz, Torna, Babisnau, Kolzscha, Golberode, Rippien finden, der Boden altsorbischer Siedlung ist, haben wir mit einer Reihe von Gründen dargelegt. Keinesfalls sind sie mit den Erbgerichten des Westens zusammenzubringen. Wenn die Gemeinde von Golberode z. B. von ihrem Erbherrn das Recht, Bier einzulegen, gegen den Zins von zwei Gulden und das Geschenk eines gewürzten Pfefferkuchens pachtet[2], so sind dies ganz andere Verhältnisse, als wie wir sie in jenen Dörfern mit „Erbgerichten“ treffen. Daß die Inhaber der bäuerlichen Lehngüter der Dresdner Pflege ursprünglich Sorben gewesen sind, kann nicht bezweifelt werden. Damit gewinnt die Annahme Schulzes, daß jene vethenici Thietmars und diese Lehnbauern in ihrem Wesen verwandt sind, entscheidende Bedeutung.

Wir finden hier Reste der alten sorbischen Gliederung der Bevölkerung, Reste jener Stufe des sorbischen Volkes, die bei Thietmar geradezu als Träger einer deutschfeindlichen Bewegung erscheint[3]. Als nationaler Heerbann mochte sie noch lange den kräftigsten Rückhalt des sorbischen Wesens darstellen. Zu der Zeit, als das aufkommende Ritterwesen den alten Heerbann überflüssig machte, sanken die Roßdienste der bäuerlichen Lehngüter auf die Haltung und Stellung eines „Lehnkleppers“ zurück, ursprünglich aber waren, wie aus verschiedenem zu schließen ist, die Lehngutbesitzer wirklich „in equis servientes“". Reiten und zu Rosse


  1. Cod. II, 1, 267.
  2. H St A: Gerichtsbuch von Golberode 1543 – 49, Bl. 1.
  3. Thietmar VI, 55.