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seine Hände gelangte. „Nun aber bin ich“, heißt es in der Antwort an den Rat vom 28. Juli 1819, „hier durch die Reise des hiesigen Konzertmeisters und ersten Violinisten, Herrn Matthäi, ins Karlsbad gebunden, indem ich dessen officia in der Kirche und Theater übernommen habe, weil ich nicht erwartete, daß die Probe so bald vor sich gehen würde. Da er nun leicht unter acht Tagen nicht zurückkehren dürfte, so bitte ich gehorsamst, wenn es irgend möglich ist, die Probe zu völliger Sicherheit auf den 9 t. p. Tr. als den 15. August festzusetzen.“

Der Rat entschied sich infolgedessen nun für den 22. August, aber schon unterm 1. August zog Reissiger seine Bewerbung zurück. Er fürchtete, die aufreibende Praxis eines Doppelamtes – der Kantor war zugleich Lehrer – werde ihn von seinem vorgesteckten Ziele, der Musik allein sich zu widmen, ablenken. Es heißt in dem betreffenden Schreiben u. a.: „Die näheren Erkundigungen aber, die ich durch mehrere selbst Torgauer Freunde über diese Stelle eingezogen habe, sowohl über das Chor, als über die anderen Verhältnisse, haben mich leider nur zu stark überzeugt, daß mir bei meinem Plan, den ich mir für die Zukunft gemacht und demzufolge ich fest entschlossen bin, in Torgau das nicht werden kann, was ich anfangs hoffte, daß mir viel zu wenig Zeit übrig bleibt, mein Talent auszubilden, indem ich sowohl die zu gebenden Schulstunden, sind es auch nur wenige und in den unteren Klassen, als die vielen bei der Mittelmäßigkeit dieser Stelle zu gebenden Privatstunden abhalten würden. Ich habe mich daher nun entschlossen, in Leipzig zu bleiben und die mir von Ihnen geschenkten Ansprüche auf das Kantorat nicht weiter gültig zu machen und, indem ich einem anderen, würdigeren Manne in Ihre Mitte zu kommen wünsche, Ihnen aufrichtig und mit der dankbarsten Rührung meines Herzens für das gütige Zutrauen zu danken, mit dem Sie mich beehrt haben. Es wird mir stets eine ehrenvolle Erinnerung sein.“

Die fragliche Stelle erhielt alsdann ein anderer Schichtschüler, Johann David Breyer. Wurde Reissiger jetzt zwar nicht Torgauer Kantor, so hatte ihn das Schicksal doch später als Leiter für ein Institut ausersehen, welches einst aus der Torgauer Kantorei hervorgegangen war, das Dresdner Kgl. Orchester.

Reissiger blieb also zunächst noch einige Zeit in Leipzig. Da das Gewandhausorchester zugleich den Theaterdienst mit versah, so bekam er auch hier schon einen Einblick in das musikdramatische Schaffen der Zeit. Die Deutschen, P. v. Winter, Dittersdorf, Schenk, Gyrowetz, vor allem aber Mozart, wurden von der Bühne gepflegt. Von Italienern und Franzosen hörte er Cimarosa, Paër, Méhul. Die Kammermusik, der er später selbst so viele Werke schenken sollte, konnte er in den von Matthäi eingerichteten Quartettabenden in praxi studieren.

Nun veranstaltete er 1820 auch ein eigenes Konzert, in welchem er als Pianist auftrat. Er spielte ein Klavierkonzert von C. Kreutzer, welches der Komponist im vergangenen Jahre selbst in Leipzig vorgetragen hatte. Der Kritiker der A. M. Z.[1], vielleicht Rochlitz, der Leiter der Zeitung, selbst, schreibt dazu: „Man verspricht sich von Herrn Reissiger viel und


  1. A. M. Z. 1820 S. 259.