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Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/65

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unterschied man die überschlagende, weil sich bei ihrem Ausdrucke allemal zwei Töne gleichsam überschlugen, und die schwebende, weil der Ton, auf welchem man sie bläst, mit einer Schwebung oder Bebung bald stark, bald schwach, angegeben wurde. Die Kunstverwandten pflegten die Feldstücke bloß nach dem Gehör voneinander zu erlernen. Tägliche Übung, günstiger Bau der Lippen und Zähne (Trompetermuskeln) und musikalisches Gefühl trugen viel zur Verschönerung des Klanges und zur Erhöhung der Wirkung bei. Über das Tischblasen sei noch erwähnt, was Prätorius in seinem Syntagma music, III. p. 22. sagt: „auch mit dem Wort Sonata oder Sonada wird der Trommeter zu Tisch- und Tanzblasen genannt.“ Im Hofdiarium 1665 findet sich der Eintrag: An allen Sonn- und Festtagen wird gewöhnlich um 11 Uhr mit Trompeten und Pauken zur Tafel geblasen (und selbige auf dem Kirchensaale gehalten), an Wochentagen um 12 Uhr bläst ein Trompeter. Im Advent vom 2. Sonntage bis Weihnachten und in den Fasten von Laetare bis Ostern wurde nicht geblasen. Der Brauch des Tafelblasens durch einen Hoftrompeter vom Altan des Hausmannsturmes im Dresdner Schlosse erhielt sich bis in den Anfang der Regierungszeit des Königs Albert, im Pillnitzer Schloßgarten und im Schloßhofe zu Moritzburg bis zum Jahre 1918. Der Trompetergang und -stuhl über dem Grünen Tor erhielten sich bis zum Umbau 1896. Von hier aus bliesen die Hoftrompeter bis Anfang der 80er Jahre des XIX. Jahrhunderts am Neujahrstag vormittags 11 Uhr eine Anzahl Stücke, was stets eine große Menge Zuhörer, Einheimische und Fremde, herbeilockte. An demselben Tage durfte das Hoftrompeterkorps sich noch eines besonderen Vorrechtes erfreuen. Früh um 7 Uhr begrüßten sie ihren kurfürstlichen, später königlichen Herren durch eine Morgenmusik, ehe die anstrengenden Gratulationscouren begannen. Sachsens letzter König und seine Kinder haben stets ihrer Freude Ausdruck verliehen über die erhebende Wirkung dieser musikalischen Huldigung. Hierbei verwendeten die Trompeter nicht die silbernen Naturtrompeten, sondern ihre eignen Ventilinstrumente[1]. Auch die musikalischen Darbietungen (3 Trompeten, Alt- und Tenorhorn) in den Schloßgärten zu Moritzburg und Pillnitz fanden stets den Beifall der hohen Herrschaften.

Musikalisch stark in Anspruch genommen wurden die Hoftrompeter durch den Kirchendienst. Im 16. Jahrhundert noch war an eine eigentliche Kunst- und regelmäßige selbständige Instrumentalmusik nicht zu denken, höchstens wandte man zur Verstärkung des Chores Cornetti, Zinken, Posaunen und Trompeten an. Das änderte sich im 17. Jahrhunderte von Grund aus. Die Instrumentalmusik wurde selbständig und verwendete immer reicher


  1. Zum Vortrag gelangten Kompositionen und Arrangements für 4 Trompeten und Pauken, eine große Anzahl (ca. 20) stammten aus der Feder meines Vaters, des Oberhoftrompeters F. A. Mörtzsch.