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uns erfüllet würde.“ Röm. 3, 25. „Gott bietet dar die Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, in dem, daß er Sünde vergibt.“ Hieraus vernimmt ein Jeder, daß die Rechtfertigung vor Gott in Erlassung der Sünden bestehe.

 491. Wie solches auch vor weltlichen Gerichten zugehe. Wer da der Sünden halber verklagt und überzeugt wird, und Vergebung derselben erlangt, daß er für gerecht gehalten wird, als ob er keine Sünde gethan hat, der ist damit gerechtfertiget, und bedarf, die Gerechtigkeit zu erlangen, durchaus nichts weiter.

 492. Demnach folgt: Erstlich, daß die Gerechtigkeit des Sünders vor Gottes Gericht nicht sei die inwohnende göttliche Gerechtigkeit, weil

 α) solches nicht aus der h. Schrift dargethan und erwiesen werden kann;

 β) von der Gerechtigkeit, dadurch wir vor Gott gerecht sind, dasjenige gesagt wird, was von Gottes wesentlicher Gerechtigkeit nicht gesagt werden kann; daher zu schließen ist: So uns die Gerechtigkeit zugerechnet wird, Gottes wesentliche Gerechtigkeit aber, so fern sie in dem Menschen wohnen soll, niemand zugerechnet werden kann; dann: So die Gerechtigkeit ist Vergebung der Ungerechtigkeit oder Sünden, die göttliche wesentliche Gerechtigkeit aber nicht Vergebung der Sünden ist, so folgt unfehlbar, daß die Gerechtigkeit, dadurch wir vor Gottes Gericht gerecht werden, nicht die Einwohnung der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes sei.

 493. Zum Andern folgt, daß die Gerechtigkeit des Sünders vor Gott nicht eine solche Reinigkeit und Heiligkeit der