Seite:Heinrich Brandt - Warum sind unsere Kirchen nie leerer, als an den Geburts- und Namensfesten unserer Landesherrschaft.pdf/6

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 Mit Freuden treten wir Diener des Evangeliums in der hiesigen Gemeine an jedem Sonntage auf dieser heiligen Stätte auf, weil wir da den Namen des Herrn Jesu Christi, den, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, immer einer vollen Versammlung verkündigen können, und deren nur wenige sind, welche diese unsere Versammlungen verlassen. Mit Trauer im Herzen aber betreten wir diese heilige Stätte an den Tagen, welche die Kirche zur Feyer der Geburts- und Namensfeste unseres Königes und unserer Königinn verordnet hat, weil wir da nur hie und da eine Seele gewahr werden, die der heiligen Pflicht, für die Obrigkeit zu beten, nachkommt. Wo sind da die Vorsteher, Rathsleute, und Ältesten unserer Gemeinen, die doch auch im gemeinschaftlichen Gebete für die Obrigkeit den Übrigen mit gutem Beyspiele vorangehen sollten? Warum sucht da unser Auge vergebens diejenigen Bürger, die mit ihrem Waffenglanze vor den Kirchen ihre Liebe zu der Obrigkeit an den Tag zu legen suchten? Warum sind da die Stühle der allermeisten Hausväter und Hausmütter leer, die doch so hoch verpflichtet sind, ihren Kindern das Gebet, „fürchtet Gott und ehret den König,“ „thut Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Obrigkeit“, besonders auch durch ihr eigenes Beispiel einzuprägen? Was ist Schuld daran,

daß unsere Kirchen nie leerer sind, als an den Geburts- und Namenstagen unserer Landesherrschaft?

 Diese Frage will ich euch jetzt unter dem Beystande Gottes zu beantworten suchen. Erwartet nicht, meine Geliebten, daß ich euch alle Ursachen hievon in dieser einzigen Stunde aufzähle – denn ihrer sind zu viele – sondern vernehmet nur die hauptsächlichen derselben. Daß unsere Kirchen nie leerer sind, als an diesen Tagen, kommt daher: