Aus dem Stimmengewirr klang das Organ des Oberrosses, es warf sich in die Brust und schrie zu den Menschen hinüber: „Wir verbitten uns alle Anzüglichkeiten – – – wr vrbttn, wr .. wr – –“ Es verlor in der Aufregung die Sprache und begann mit den Hufen zu klopfen nach dem veralteten Buchstaben- und Zahlensystem. Das war eine Blamage, alle Pferde empfanden das. Das Prestige litt erheblich. Graf Bertram von Hafersack-Trense ließ sich zurück in den Sessel fallen und markierte Ohnmacht. Man gab ihm Aspirintabletten, er schluckte das Glasröhrchen mit hinunter.
Das Stimmengewirr im Saal verlief in ein stilles Gemurmel und Schnaufen. Die Pferde fühlten sich plötzlich klein.
Isidor Pleißen-Kohn putzte sich laut die Nase, räusperte sich und sprach beruhigend, zwei Hufe in Börsenmanier in den Armlöchern der Weste, mit fettiger Stimme: „Mer wolle, nebbich, niemande kränke. Gott, wie haißt, der Herr Vorstand der is e altes Roß und nerviös. Da kann schon, nebbich, e Wort falle in de Debatt. Red mer a so, red mer a so, ma kommt in de Hitz, nebbich. – Das wird der Herr von Rechtsanwalt einem alten Mann verzaihe. Mer wolle sage, was mer wolle. Mer müsse zu en a End kommen. Nu, wie haißt, mer müsse wisse, woran mer sinn, nebbich. Benjamin Wallach, unser gebenschtes Komiteemitglied wird e Referat gebe, nebbich. Benjamin Wallach wird spreche.“
Benjamin Wallach, ein Halbblüter mit Spitzbart, galt als tätiger Förderer der Pferdeemanzipation. Er war der Deputierte von Wallachisch-Meseritsch.
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/092&oldid=- (Version vom 1.8.2018)