es wieder zu und drückte mir das Ende des Fensterriemens in die Hand. Ich lehnte mich zurück, und die Augen fielen mir zu.
Der Riemen entglitt meiner Hand. Das Fenster sauste klirrend nieder. Ich schreckte auf. – „Es muß sein,“ tönte mir Theobalds letztes Wort in den Ohren. Ich döste und versuchte, mir darüber klar zu werden, warum ich in einer Droschke sitze und nicht in meinem Bett liege; warum Theobald mir gegenüber sitze in einem schwarzen Anzug und mich anstarre. – „Warum dies alles?“ – „Es muß sein,“ tönte es in mir. – „Was muß sein, elender Bursche?“ – brüllte ich plötzlich los. Ich packte Theobald an den Schultern und schüttelte ihn, geriet dabei mit dem Ellbogen in die andere Scheibe, glitt aus und fiel von der Bank. – Es war zu viel für mich; meine Kraft war endgültig gebrochen. Ich weinte und bat Theobald, er möchte doch wegen der dreihundertzwanzig Mark keine Schweinereien machen. Ich wollte Stunden geben, alten Damen vorlesen, Adressen schreiben, Konversationslexika verkaufen. Ich würde etwas zu verdienen suchen, um ihn nach und nach abzuzahlen. Tränen erstickten den Rest meiner Beteuerungen. –
Es gab einen Ruck nach vorn, es gab einen Ruck nach hinten, und der Wagen hielt. Theobald stieg zuerst aus. Es regnete heftig. Gleichgültig sah ich mich um; wir standen vor der Johanniskirche. Theobald zog, der Kutscher schob, ich stand in der Kirche. Das Dienstmädchen von Seheims, die Anna, war auch da. Sie stand mit einem weißverpackten Kind in der Nähe des Eingangs, als ob sie uns erwartete. Sie schloß sich uns an. Die Kirche war angefüllt mit Frauen, die Kinder trugen, und Männern in
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Leipzig: Ernst Rowohlt Verlag, 1911, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/025&oldid=- (Version vom 18.8.2016)