Ich gewann die Straße und raste dahin.
Ich geriet in die städtischen Anlagen, wo ich völlig erschöpft auf einer einsamen Bank trotz Regen und Wetter niedersank.
Mitten in der Nacht wurde ich vor Kälte wach. Meine Uhr war fort. Ich hatte einen außergewöhnlich übeln Geschmack im Munde.
In der Nähe sah ich durch das Gebüsch schimmernd ein flackerndes, einsames Licht. Ich stolperte mit steifen Gliedern darauf zu und fand eine verlaufene Droschke mit einem angetrunkenen Kutscher, den ich zu meiner Freude als den trefflichen Hubert Quadpflaume erkannte. Hubert Quadpflaume war in vorgerückter Stunde mit seinem Wagen gewöhnlich vor Bols zu finden und hatte mich manches liebe Mal unter erschwerenden Umständen nach Hause transportiert.
Fröhliches, gegenseitiges Erkennen. Lange habe ich an seiner Brust geweint.
Trotzdem er so betrunken war, daß er mich fortwährend Emil nannte, fand ich mich nach einiger Zeit vor meiner Wohnung.
Nachdem es unserem eifrigen, unermüdlichen Klingeln, Klopfen und Johlen gelungen war, allenthalben in der Nachbarschaft Köpfe in die Fenster zu bringen, die mich reichlich mit häßlichen Schmähungen bedachten, öffnete meine Wirtin endlich und meinte gutmütig: „Ich hab’ jeglaubt, es wär’ nebenan!“ – Ich konnte nur noch milde grinsen.
Als ich endlich in meinem Bett lag, fand ich lange keinen Schlaf. Es ging mir fortwährend der Gedanke im Kopf herum, was ich meinem Patenkind eigentlich schenken sollte.
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Leipzig: Ernst Rowohlt Verlag, 1911, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/032&oldid=- (Version vom 17.8.2016)