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mit Gummi verklebten Nähte der Segeltuchwanne lösten. Jetzt eine Dusche! Er zog an der Schnur. Die Dusche funktionierte nicht. Er zog stärker. Räng, päng! Das Gestell brach zusammen. Die Nähte des Segeltuchs waren jetzt völlig aufgeweicht. Aus der Wanne war ein flaches Tuch geworden. Onkel Willibald rang mit dem Stangengewirr, glitschte auf dem nassen Segeltuch aus, kam zu Fall und wälzte sich hilflos am Boden. Mit dem linken Bein geriet der Unglückliche in den brennenden Ofen und schwenkte diesen strampelnd in der Luft. Das ausgelaufene Wasser stand im Zimmer, wurde aber bald von den Dielenritzen eingesogen.

Bums, bums! Schauerlich klang es durchs Haus. Möllmanns, die unter Onkel Willibalds Baderaum ihr Schlafzimmer hatten, war ein großes Stück Zimmerdecke ins Bett gefallen, gefolgt von einem Guß Wasser.

Das war ein Spektakel im Hause. Mit einem Gipskranz von der Deckenverzierung um den Hals, stürzte Vater Möllmann im Nachthemd, gefolgt von Weib und Kind, nach oben.

Das undefinierbare Gewirr am Boden, vom Mond beleuchtet, machte Möllmann graulen. Mit Schwierigkeit erkannte man erst nach einer Weile als den Kern des Gewirrs den Onkel. Er schrie plötzlich jäh nach einem Ofen auch für das rechte Bein, da er daran fröre.

Trotz diesen Ungemachs ließ der Onkel seine Bademanie nicht fallen. Mit „Plitsche-Platsche“ war es nichts. Man sollte in so was nicht sparen. Er verschenkte die Bruchstücke des transportablen Bades an einen blinden Indianer.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/075&oldid=- (Version vom 1.8.2018)