stets ein malitiöses Lächeln um den Mund, wenn er durch die Straßen kam. Er schaute vor sich hin und lächelte. –
Dann kam der Sonntag, an dem sich das Entsetzliche ereignete.
Rat Schnödelkrum war immer einer der ersten auf der Promenade. Er ging sehr stramm, drückte die Knie bedeutend durch und hustete tief von unten herauf. Exakt setzte er die Fußspitzen nach auswärts, trat immer mitten auf die Trottoirplatten und vermied es peinlich, auf den Strich zu treten, wo die Platten aneinanderstießen.
Assessor Bleffke, der auch immer recht zeitig auf der Allee war, versuchte den Rat zu überholen, um ihn zu grüßen. Seine Beine waren zu kurz; er kam ihm nicht bei. Dazu kam, daß ihm das Schuhbändel an einem Schuh losgegangen war und am Fuß herumbaumelte. Er tat, als ob er es nicht bemerkte, mußte aber aufpassen, daß er nicht auf das Bändel trat und hinschlug. –
Was hatte Rat Schnödelkrum auf einmal? Er mochte etwa die Mitte der Allee erreicht haben, als er plötzlich Halt machte und mit dem größten Interesse nach irgend etwas scharf schaute, nach irgend etwas am Fuß einer dicken Kastanie. Dann hustete er tief von unten herauf und schaute sich wie suchend um.
Seltsames Gebaren! Nun schüttelte er einigemal den Kopf und ging sinnend, langsam, mit schleppenden, nachdenklichen Schritten weiter, nur wenige Schritte, machte Kehrt und ging zum Baum zurück.
Assessor Bleffke hatte mit ansehnlichem Erstaunen das Gebaren Schnödelkrums verfolgt und beeilte sich
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/091&oldid=- (Version vom 1.8.2018)