Bei zwei Grad über Null, wenn einem ein scharfer Wind ein Gemisch von Schnee und Regen um die Backen klatscht, in weißen Flanellhosen, Rohseidenjoppe und Panamahut, ohne Paletot draußen herum zu laufen, ist auch in Italien nicht angebracht.
Ich hatte unbedingt an die immerwährenden Sonnentage jenseits der Alpen geglaubt und mich mit meiner Garderobe dementsprechend eingerichtet. Das war sehr dumm von mir gewesen, darum lag ich auch schon am zweiten Tage mit einer schrecklichen Erkältung in Como im Hotel darnieder und stellte Reflexionen darüber an, daß ich in nasse Umschläge verpackt gerade so gut zu Hause im Bett liegen könnte und deshalb nicht nach Como zu reisen brauchte.
Jedem, der im Frühling nach Italien zieht, rate ich, sich so zu kleiden, als ob er zum Wintersport in das Engadin führe. Auf alle Fälle bleibt er so vor unangenehmen Enttäuschungen bewahrt. Auch mag er seinen Bobsleigh-Schlitten und seine Schneeschuhe mitnehmen, denn er hat hierfür im Süden die schönste Verwendung.
Wenngleich offene Kamine, wie man sie in Italien findet, nicht heizen, dafür aber um so ergiebiger
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)