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Milieu eines Bureaus, einander in Denkmalsposen düsterer Gottheiten gegenübersitzend, zu erledigen.

Das Geschick, mit Grazie das Problem der Selbsterhaltung durch eine gewinnbringende, profane Beschäftigung zu lösen, letzterer einen erfreulichen, verklärenden Ausblick nach irgendeiner Richtung hin abzugewinnen, fehlt uns.

Auf einer italienischen Post oder Zollagentur, auf der Eisenbahn, kurz in allen öffentlichen Betrieben, die für uns durch nichts zu erschütternde Uhrwerke, ich möchte fast sagen, kosmische Offenbarungen darstellen, Institutionen, rochers de bronce, Ewigkeitswerte, denen wir als ganz kleine nichtswürdige Lebewesen voll heiliger Schauer gegenüberstehen, habe ich immer das Gefühl, die Leute spielen nur Post, oder Eisenbahn, oder Zollamt. Es ist ihnen auf einmal zu langweilig geworden, und sie haben beschlossen, so wie wir als Kinder, wenn wir nach dem immerwährenden Dözzen, Doppschlagen, Nachlaufen ein Bedürfnis nach intellektuelleren Spielen bekamen: kommt, lassen wir mal Post spielen oder Eisenbahn oder Zollamt.

Daß bei diesem Spiel Telegramme häufig nicht ankommen, man unendliche Plackereien hat, bis man z. B. einen Geldbrief erhält, Züge immer Verspätung haben, das Publikum an den Eisenbahnschaltern übers Ohr gehauen wird, fanatischen Schikanen bei der Zollabfertigung ausgesetzt ist, alles dieses ist noch lange kein negatives Kriterium für eine derartige Auffassung eines Berufes.

Es gibt tatsächlich Wißbegierige, die in einem Reisefeuilleton Näheres über die betreffende Gegend oder Stadt zu finden wünschen. Wenngleich diese

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/153&oldid=- (Version vom 1.8.2018)