Also in eine Naturheilanstalt mußte er gehen, um einwandfrei modern zu bleiben.
Dem Prospekt einer Naturheilanstalt in M., die Weltruf genoß und von allerhöchsten Herrschaften frequentiert wurde, war eine Sammlung von Urteilen und Dankschreiben geheilter Patienten beigefügt.
Ein Oberstleutnant von C. in P. schrieb: Ein langjähriges Nervenleiden ließ mich an meinem Leben verzweifeln. Ich hatte jede Hoffnung einer Heilung bereits aufgegeben, als mich ein glücklicher Zufall in Ihre Anstalt führte. Vier Wochen Ihrer Behandlung haben mich völlig gesund gemacht. Ich bin wie neu geboren. Das Zucken um den Mund, an dem ich jahrelang litt, ist völlig verschwunden. Meine ganze Konstitution ist so gekräftigt, daß ich kürzlich mit einem 400 Pfund schweren Rucksack auf dem Rücken, ohne Führer den Montblanc bestiegen und dabei noch stundenlang einen großen Bernhardinerhund, der sich in den Bergen verlaufen hatte, getragen habe. Das danke ich alles der Wunderkur des Sanatoriums „Bizepsheil“ in M.
Ein Fräulein F. in L. schrieb: Ich war jahrelang taubstumm und konnte meinem Beruf als Sängerin nur schlecht nachkommen. Freunde machten mich auf das Sanatorium „Bizepsheil“ aufmerksam. Die berühmtesten Spezialärzte hatte ich konsultiert, aber bei keinem Heilung gefunden. Ich verfiel in die tiefste Melancholie und trug mich mit Selbstmordgedanken. Völlig verzweifelt und hoffnungslos kam ich nach „Bizepsheil“, und heute komme ich meinem Berufe wieder voll und ganz nach und mein Ruf erfüllt die Welt. Mein Sprachvermögen hat sich in derartiger Weise entwickelt, daß ich selbst fremde Sprachen, die
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/225&oldid=- (Version vom 1.8.2018)