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Der Blinddarm – ein Fluch!

Man hat mich in eine Irrenanstalt gesteckt, und ich bin doch wirklich nicht irrsinnig. Bitte, meine Herren Psychiater, das kann ich doch wohl selbst beurteilen. Dritte reitende Feldartilleriebrigade – – Donaudampfschiffahrtsgesellschaft – – Artaxerxes kann ich ohne Silbenstolpern fehlerfrei sagen. Ich meine, das genügt. – Was?

Gott ja, ich gebe zu, ich war damals ein wenig heftig. Aber wer die Tragödie meines Lebens kennt, wird mich verstehen. Das Wort Blinddarm soll man in meiner Gegenwart nicht aussprechen! Dann kribbelt es mir in allen Gliedern, und ich kann verdammt unangenehm werden. Aber deswegen gehöre ich noch lange nicht in eine Irrenanstalt! Ich bin ein beklagenswertes Opfer der Psychiater.

Einst war ich ein Mensch, der glücklich und froh war, seine 250 Pfund wog und dessen schwerste Sorge die war, daß um Gottes willen die Poularde zu Mittag weich und köstlich, und der Moselwein recht spritzig war.

Man nannte mich ein Faultier und einen Tagedieb. Aus Neid natürlich. Ich lebte eben ganz nach meinem Gusto. Und mein Gusto war: nichts tun,

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Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/234&oldid=- (Version vom 1.8.2018)