gut essen und trinken, schlafen und träumen. Wer sich das nicht leisten konnte, wurde natürlich leicht ein gehässiger Kritiker meines Lebenswandels.
Gott, ich hatte wirklich auch recht schwere Jahre hinter mir, wo es hieß, für das tägliche Brot zu sorgen. Das war eine übele Zeit. Pfui Teufel, wenn ich daran zurückdenke! Der Kampf ums Dasein ist mir verflucht schwer gefallen. Jede Art von Betätigung war mir bei meinem angeborenen Hang zur Beschaulichkeit ein entsetzliches Greuel.
Da kam eines Tages das Glück. Meine Tante Hieronima Ameisenei in Altenbeken starb, und mir fiel aus der Erbschaft eine jährliche Rente von zehntausend Mark zu.
Geld verdienen, sich abhasten, Ellenbogen benutzen: diese häßlichen Worte spielten keine Rolle mehr. Ich war frei und unabhängig. Meinen Traum von jeher, die Sehnsucht meines Lebens, mein Dasein fern vom Getriebe der Welt in süßem Nichtstun zu verbringen, sah ich erfüllt.
Ich schaffte mir eine Köchin an, um die mich Brillat-Savarin beneidet hätte. Herrliche Weine lagen in meinem Keller. Ich besaß ein fabelhaftes Bett und das Wunder eines Diwans, geräumig, mit weichen, kosenden, indischen Decken belegt.
Bis in den Tag hinein schlief ich. Wenn ich mich nicht den Sensationen kulinarischer Genüsse hingab, lag ich rauchend und träumend auf meinem herrlichen Diwan.
O, ich war vollkommen glücklich zu jener Zeit!
Monatelang verließ ich nicht meine Behausung. Ich kam aus dem Pyjama nicht heraus.
Meine Splendid Isolation von allen Störungen des
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/235&oldid=- (Version vom 1.8.2018)