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Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, die (den) du mir gegeben hast, daß sie eins seien, gleichwie wir.

 Weltabgewandt in seinem Wesen, weltzugewandt um ihres armen Wesens willen, rein von der Welt, aber gnädig der aus ihrer Unreinheit zu ihm rufenden, klar und völlig von der Welt geschieden ist der Vater, der heilige Gott. Was er aber ist, das kann er geben. Und weil es es ist, darum will er, daß er’s gebe, gebeten sein. Was er dem Sohne ungebeten gegeben hat, Licht vom Lichte, Heiliges dem Heiligen, so daß Vater und Sohn nicht nur einig und eines Sinnes, sondern eines Wesens sind, das muß er den Jüngern geben. Sie soll er in dem Namen, den er dem Sohne bescherte, in dem reinen rechten völligen Sohnes- und Kindesnamen erhalten.

 Wenn Gott durch seinen Geist, den Träger seines, den Zeugen des Wesens Jesu, die Jünger immer tiefer in das Geheimnis des unerschöpflichen Jesusnamens, des Heils und der Hilfe, der Treue und der Wahrheit einführt, dann wachsen die Kräfte der allein gelassenen Jünger zu dem Maße des vollkommnen Alters, der in Christo Jesu urständenden heiligen Mannesreife. Nicht nur werden sie vor der Versuchung des Fürsten dieser Welt bewahrt, der sie mit List berückt, mit Gewalt bedroht, die Diesseitigkeit verklärt und die Überweltlichkeit verbirgt, verdüstert und entzieht, sondern sie werden zu festem Schritt gekräftigt und zu entschiedenem Zeugnis befähigt. Immer mehr leben sie nicht von Erinnerung an Vergangenes, sondern vom Besitze des Gegenwärtigen und in der Gewißheit der Wiederkunft ihres Herrn. Wer aber solche Hoffnung hat, der reinigt sich, gleichwie Er rein ist.

 Nicht neue Offenbarungen sollen die alte Jesuslehre, nicht ungeahnte Kräfte eines Außerordentlichen die heilige Kraft, welche Jesu Leiden und Tod darbrachten, verdrängen und ersetzen oder auch nur übertreffen und überholen, sondern wen der heilige Vater in dem Namen dessen bewahrt, der gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit ist, in dem Namen Jesu Christi, den kann der Arge nicht antasten. Seine, des scheidenden Herrn Jünger bleiben bei ihm und können nicht sündigen, also daß sie fortan der Sünde wieder dienten. Sondern so oft sie sündigen, flüchten sie zu dem Fürsprecher, daß er sie heile und heilige, reinige und stärke, frei mache und frei halte.

 Heiligung ist letzten Endes Zusammenschluß des Geheilten mit seinem Arzte, tiefere Eingründung der Rebe in den Weinstock, Jüngerwerden auf Grund und infolge des Jüngerseins.

 So überwindet der Herr die Wehmut des Scheidens, das die Seinen allein läßt, mit ihrer Unfertigkeit, ihrem Reichtum an Fragen und ihrer Armut an klarer Selbstbescheidung, wie Waisen in der Fremde, wie Lämmer mitten unter den Wölfen, und besiegt den Abschiedsschmerz mit dem fortwirkenden Gebete um Bewahrung.