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Seele in Lebenskraft, nicht vor einer erhitzten Phantasie, nicht vor einer süßlichen Reminiszenz, sondern in Kraft der Gemeinschaft der Heiligen, in der Gewißheit, „daß uns auch kein Todesbann ewig von Ihm trennen kann“. Ich habe in diesen Tagen, weit über das Grab des teueren Vaters, an einen andern gedacht, an einen Mann, der für mein Leben viel bezeichnend gewesen ist: Joh. Alb. Bengel, der Württemberger Theologe, von dem jemand gesagt hat, er habe Württemberg zum Augapfel Gottes gemacht. Warum ist mir der Mann so nahe, als ob er eben hereintreten könnte zur Türe? Warum lebe ich gleichsam mit ihm, warum lese ich aus seinen Worten so unmittelbare Liebe, als ob er sie zu mir spräche? Weil der Heilige Geist zwischen ihm und seinen Freunden und Nachfolgern und dankbaren Jüngern wohnt und lebt. Das ist das Werk des Heiligen Geistes. – Seht, manche Menschen sind einige Jahre tot und dann vergessen, und andere Menschen sind Jahrhunderte tot und leben; manche Menschen erhalten leuchtende Nachrufe und sind doch gestorben, und andere Menschen bleiben in den Herzen der Nachwelt, der dankbarsten Einrichtung auf Erden, ewig bewahrt. Warum? Weil der Heilige Geist in den Bedankten wie in den Dankenden gleichermaßen wohnt.

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 Und wenn ich so zurückblicke auf die Geschichte meiner geliebten Kirche, was macht sie mir dann so über die Maßen teuer, der ich doch ihre Schwächen kenne und sie teile, der ich doch ihre Schmach täglich wahrhaft erfahre? Was macht mir meine Kirche so teuer, die Kirche, von der die meisten gar nicht wissen, was sie eigentlich ist? Weil der Heilige Geist in ihr wohnt, weil keine Kirche so einfach zum Worte steht, so herzlich singt, so treulich betet, so einfach leidet, so selbstverständlich verzichtet, so kindlich hofft, so männlich kämpft, wie meine Kirche. – Ich höre dich reden: ich bin lutherisch, weil es auch meine Eltern waren. Wer so sagt, dem würde ich dringend raten, heute noch römisch zu werden. Wenn einer unter