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Die Krankenhäuser bedürfen regelmäßiger Fürsorge, ob viele oder wenige Kranke, schwere oder „nur“ leichte vorhanden sind. Wer diese Gelegenheit zu spezieller Seelsorge verabsäumt, hat sie nicht verdient. Es wird dann gut sein, wenn der Geistliche in den Sälen von Bett zu Bett geht, ohne daß er erst sagen muß, er sei der Pfarrer, und etwa in der Mitte des Saales einen kurzen Gottesdienst hält, die Schwerkranken wird er ja einzeln sprechen können und müssen und an ihnen handeln, als besuchte er sie zu Hause. Freilich muß er ein gutes Gedächtnis haben – wer Interesse hat, hat auch Gedächtnis, – damit er die Kranken in Erinnerung behält. Die kurzen Andachten mit Gesang und Gebet, nie über eine halbe Stunde, – wollen gut vorbereitet, auf der Losung des Tages, auf einem Worte aus dem Sonntagsevangelium aufgebaut, aber nicht an fortlaufende Texte gebunden sein, weil der Krankenstand und mit ihm die Zuhörerschaft wechselt.

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 Einer Abteilung sei besonders gedacht. Zu den geschlechtlich kranken Männern gehe der Geistliche jedenfalls, um ein kurzes Zeugnis wider die entnervende und entmännlichende Gewalt dieser Sünde abzulegen. Er weise nicht zuerst und zunächst überhaupt nicht auf das Unrecht gegen Gott hin, sondern gegen Volk und Vaterland, gegen das eigne Leben und seine Zukunft. Er schone nicht und biete Gottes Wort weiter nicht dar, erst wenn er gebeten wird, und dann nicht gleich mit dem Sündentrost. Anders steht es bei den gefallenen Mädchen. Hier mag besonders der Anfänger sich fragen, ob er zu diesen Kranken, die in ihm nur den