Seite:Hermann von Bezzel - Der Dienst des Pfarrers.pdf/108

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Mann sehen, gehen soll. Wenn ihm Gott Festigkeit, die sich nicht beirren noch verirren läßt und brennende Sünderliebe geschenkt hat, daß er das rechte strafende und aufrichtende Wort findet – und Er gibt es denen, die ihn darum angehen, – dann trete er auch bei diesen ein, sie gehören ja doch auch zum Volke der Erlösten, nur lasse er nicht von den oft reichlich strömenden Tränen sich betrügen, – die Sünde macht weichlich, nicht weich – noch von dem höhnenden Lächeln sich abschrecken. Erst wenn der äußere Anstand und die Ruhe weichen, bleibe er weg.

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 4. Die Seelsorge bei den Gefährdeten, für die Verirrten und Gefallenen, bei den Gefangenen. Es wird das Anliegen des Pfarrers sein müssen, die Innere Mission, diese freie und gesegnete Gehilfin des geistlichen Amtes, deren Anliegen es, wenn sie rechter Art ist, sein muß, sich möglichst überflüssig zu machen und das Außerordentliche wieder in die Ordnungen zurückzuführen, möglichst spät und möglichst wenig in Anspruch zu nehmen. Darum geht er selbst den Gefährdeten nach und sucht die, die ihn nicht mehr suchen, wie es sein Meister getan hat, der neunundneunzig ließ, um eine Seele zu finden. Er besucht die einsame Fabrikarbeiterin, die Ladnerin, die Kellnerin, die so verlassen in der Stadt dem sich anschließen, willenlos und wahllos, der ihnen Hilfe verspricht, er habe gerade für diese Armen Sprechstunden nicht bloß zwischen „zwei und drei“, wo sie nicht kommen können, auch nicht in den großen Sprechstunden, die meist mit äußeren Fragen und Anliegen ausgefüllt sind, sondern auch am Abend, wenn für