Seite:Hermann von Bezzel - Der Dienst des Pfarrers.pdf/48

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Es fremdet an und vertreibt das Heimatsgefühl aus der Kirche. – Dann aber folge die Predigt, deren Schmuck die Wahrheit sein soll, die wahrlich nicht erst bei Leichenreden und bei – politischen gefährdet wird. Joh. 10, 41 πάντα, ὅσα, Ἰωάννης περὶ Ἰησοῦ εἶπεν, ἀληθῆ ἦν, das muß erste Bedingung sein. Es ist meist unwahr, wenn der Anfänger im Predigtamt von seinen Erfahrungen am Krankenbette redet (Wilh. Hofackers früh- und ausgereifte, Kettners in Leid bewährte Jugend sei ausgenommen) oder wenn er mit den Gedanken, die einem Christian Scriver in Gottholds zufälligen Andachten zustehen, als mit eignen kommt. Es ist unwahr, wenn religiöses Interesse mit Glauben und gottsuchende Allgemeinheiten mit Glaubensbesitz verwechselt werden, wenn die heilige Geschichte in sinnige Sage gewandelt und als jeweiliger sinnbildlicher Ausdruck des Menschengeistes nach seinem Verhältnisse zum Ewigen gewertet wird. So ist es auch nicht wahr, wenn aus Jesu Christi Persönlichkeit der eine Zug herausgenommen wird, etwa daß er uns zur Weisheit gemacht ist, während er nicht mehr unsre Gerechtigkeit sein soll, wenn man in ihm das edelste Vorbild der Heiligung feiert, während man die Erlösung, ohne welche doch jene nicht sein kann, zurückstellt. Aber es ist auch nicht wahr, wenn der Anfänger sich in einen Bekennerenthusiasmus hineinsteigert, der vergißt, was Phil. 3, 12 zu lesen ist und als geistlich Vollkommner über Fragen redet, die verarbeitet sein müssen. Wenn die hohe Rede dazu dient, den dürftigen Inhalt zu verdrängen und die Redeblüten sich an Stangen hinanranken, statt daß ein bescheidener Baum Schatten und