Seite:Hermann von Bezzel - Der Dienst des Pfarrers.pdf/61

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 Freilich häufiger und gefährlicher ist das eitle, törichte Menschenlob an den Gräbern, das dem Worte Gottes Gewalt antut, um Menschen selig zu preisen und Großtaten herauszuheben, die vor Gott anders gewertet sind. Es ziemt sich ja nicht, derer zu vergessen, in denen Christus Gestalt gewonnen hat: sie sind Führer, die das Wort Gottes gelebt haben, so verdienen sie Dank und Nachfolge. Aber die Hervorhebung der bürgerlichen Gerechtigkeit, als ob sie ein Anrecht auf den Himmel sichere, der Leistungen im öffentlichen Leben, als ob auf sie der Trost im Tode gegründet werden dürfte, ziemt sich nicht. Und es bleibt die Wirksamkeit des Geistlichen, dem die Unwahrhaftigkeit das Rückgrat gebrochen hat, für alle Zeiten gelähmt. So wird es ratsam und dienlich sein, von dem Verstorbenen möglichst wenig und knapp zu reden, damit der Vollton des Gotteswortes mit seinem Gerichte und Troste, die Gewalt des Todes, den Gottes Liebe in eine „gnädige zeitliche“ Strafe gewandelt hat, und der Sieg des Lebens gehört und gespürt werde. Am offenen Grabe trifft die Kirche die ihrer Entwöhnten und ihr Entwichenen: da soll sie suchen, im Ernst der Liebe werben, angesichts der Eitelkeit aller Dinge das Ewige ins volle Licht rücken, zur Buße mahnen und die Vergebung anbieten. Prunkreden mögen die Rhetoren halten, die jetzt jeder Verein stellt; die Kirche aber bleibe beim Worte! Es liegt auch manchem Geistlichen nahe, mit Dingen zu trösten, die entweder nicht feststehen oder, wenn sie feststehen, nicht allewege trösten, so mit dem Wiedersehen, als ob jenes Wiedersehen