Seite:Hermann von Bezzel - Der Dienst des Pfarrers.pdf/88

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wird der Schüler das Lied später ansehen, das ihm diese geistlose Arbeit eingetragen hat! – Wenn aber die Disziplin wankt und der „religiöse Memorierstoff“ (grauenhaftes Wort!) nicht eingeprägt werden kann? Dann prüfe sich der Lehrer, wo seine Fehler liegen, ob er zu viel aufgegeben, zu wenig und zu selten verhört hat, ob er sich in Zucht nimmt und in Zucht hält, dann fliehe er zu dem, der Weisheit gibt, ohne es aufzurücken (Jak. 1, 5), gebe weniger auf und verlange das Wenige von allen, überhöre alle und wenn es nur etliche Worte sind. In zehn Minuten muß eine mäßig große Klasse zu Wort gekommen sein. Er spreche mit dem unartigen und säumigen Schüler allein, lasse ihn wohl auch zu sich kommen: die Liebe hat mancherlei Schlüssel, und einer sperrt. Auch das tadelnde Wort darf nie die Grenze des Würdigen und Wohlbemessenen überschreiten. Denn der Lehrer ist an Gottes Statt. Er trachte auch nicht nach hohen Dingen und halte sich nicht an die Begabten allein, sondern neige sich zu den niedrigen, ohne doch die Rascherfassenden zu langweilen. Die Pädagogik, die höher ist als alle Didaktik, so daß Trefflichkeit in dieser Mängel in jener nie erstattet, während der geheiligte Ernst die Weisheit des Erziehers manchen Mangel in der äußeren Technik ausgleichen kann, ist eine tiefgründige Wissenschaft; wer sie liebt, dem wird viel Gutes zuteil. Wahrheit in Liebe, stets neue Frische, Freudigkeit und Leutseligkeit müssen die Bahn bereiten, auf der Christus an die Herzen der Jugend kommen und in sie einziehen kann. Daß Religionsarbeiten und -noten ein Übel und nicht einmal ein notwendiges