Seite:Hermann von Bezzel - Die sieben Sendschreiben.pdf/122

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Philadelphia alles inniger, brünstiger, leuchtender. Bei Sardes sind alle guten Gaben vorhanden, zum Teil auch schon ausgewirkt; nur ruht auf der Gemeinde der Bann der Phrase, welcher abgeschüttelt werden muß, damit die Gemeinde wieder werde, was sie sein könnte und war. Bei Laodicea hat das Wasser, das doch von Natur kalt ist, seine Natürlichkeit verloren, aber die Erwärmung durch die Kraft des heiligen Geistes nie gewonnen. Nun ist das Wasser nicht mehr kalt, nicht mehr natürlich beeinflußt und so ist es zur Unnatur geworden, die dem Herrn so grauenhaft ist, daß er es ausspeien will. Wenn das Wasser kalt ist, so wie es aus dem Felsen springt, so ist doch natürliche Frische vorhanden. Wenn das Wasser heiß ist, dann ist es ganz seiner Natur entkleidet durch ein heimliches Feuer und dessen Kraft. Das sind zwei Extreme: Natur und gnadenhafte Verklärung. In der Mitte aber steht, was weder natürlich noch gnadenhaft, sondern unnatürlich ist, das Laue. Und diese Gemeinde ist ganz gewiß mit Absicht an den Schluß gestellt. Sie gibt räumlich und innerlich der Gemeinde von Ephesus die Hand. Es wird ein Brief des Apostels Paulus an die Laodicenser erwähnt. Entweder ist der Brief verloren gegangen, oder es ist der Epheserbrief. Die letzte Meinung möchte ich vertreten. Daß der Apostel Paulus auch einen Brief an Laodicea gerichtet hat, ist bekannt; denn Kolosser 4, 16 ist davon die Rede. Nun ist der Epheserbrief der einzige Brief St. Pauli an eine Gemeinde ohne persönliche Beziehung. Da ist kein Grüßen, keine Bezugnahme auf gewisse Vorgänge in der Gemeinde, so wie in den Korintherbriefen auf das schändliche Leben dessen, der mit seiner Stiefmutter