Seite:Hermann von Bezzel - Die sieben Sendschreiben.pdf/85

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von seiner Treue zu überzeugen. Wollen wir Gott bitten, daß wir die Kraft haben, mit wenig Worten viel, ja alles zu sagen. Und er möge selbst an unserer Seele arbeiten, um alles Scheinwesen je mehr und mehr zu tilgen, und uns auf unserem Weg Leute geben, die Salz bei sich haben und die Schärfe nicht meiden, Leute, die ihre größte Treue gegen uns dadurch bekunden, daß sie unser nicht schonen. Wird man es dem Arzt verargen, wenn er die schädlichen Auswüchse wegtut? So wollen wir Gott danken, wenn er aus der Christen Leben allen Schein hinwegtut. Eine Seele, die Jesu Christo nachgeht, wird vom Feinde verfolgt bis in die geheimsten Beziehungen, ja bis ins Heilige. Und wenn sie der eisernen Ketten vielleicht spottet, wirft der Feind um sie diese weichen, wohltuenden, seidenen Fäden der Illusion, der Selbsttäuschung. Wir wollen bitten, daß er unsere Werke ansehe, ob sie auch völlig sind vor ihm. Wir wollen nichts sein als das, was wir sein sollen, dieses aber ganz. Anfang ohne Fortgang, Versuche ohne Ausgang, Vorsätze ohne Erfüllung, das sind die Stellen, wo der Feind einsetzt. Aus solchen Anfängen baut er seine Häuser, aus solchen Vorsätzen seine Festungen; aus solchen edlen Regungen, die vom Fleisch stammen, läßt er die Fleischesernte erwachsen. Darum, was du bist, das sei ganz! – „Ich habe deine Werke nicht erfüllt befunden“, und du hast, was an Gehalt dir gebrach, durch die Phrase deiner und anderer Seelen dir ersetzen lassen. Es ist furchtbar! Du hast mich betrügen wollen und dich am meisten betrogen. Mich wolltest du betrügen, indem du zu dem, was da war, den