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daß der Mensch allein sei! Und wenn der Mensch allein sein will, um eben allein zu sein, ist es eine große Beschwernis und Gefährdung – wenn nicht der Sittlichkeit im besonderen – so doch der allgemeinen Sittlichkeit. Er wird eben leicht Egoist, Pedant, Mensch der Kleinlichkeiten, alles bezieht sich auf ihn, alles bezieht er auf sich, er ordnet an, wie er es will, er bildet sich die Verhältnisse, wie er sie haben will, er hat für nichts weiter zu sorgen, darum auch für nichts weiter zu ringen und zu kämpfen. Und so entstehen diese traurigen Egoisten beiderlei Geschlechts, die deshalb nicht den Mut zur Ehe finden, weil sie ihr Ichleben und ihr eigenes Leben und ihr eigenes Behagen haben und pflegen wollen. Und die Kleinlichkeit, mit der sie ihre Tagesgewohnheiten erfüllen und die Peinlichkeit, mit der sie ihrer Willkür und Launen dienen, nennen sie Treue. Über solcher Ehelosigkeit spricht der Herr: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei! Er gewöhnt sich an sich und bindet sich an sich und verliebt sich in sich und wird ein armer, innerlich leerer Mensch. Daß es – und nun setze ich gegen des Herrn Wort ein Apostelwort – 1. Kor. 7 – unter Umständen notwendig ist, nicht die Ehe zu wählen, wißt ihr alle. In gefahrvollen Zeiten, wo jeder Tag den Wechsel der Dinge heraufführen und schon der kommende Tag alle Verhältnisse Umstürzen und ändern kann, ist es mißlich, ein anderes Leben an das seine und dessen Wechselfälle zu binden. Wenn schwere Krankheit das Leben belastet, durch Jahre oder Geschlechter hindurch äußere Krankheitsformen oder innere Krankheitsarten gehen, ist es nicht gut, Ehen einzugehen. Denn wer gibt uns das Recht, den Herrn zu versuchen? Wenn der Beruf es verlangt, der einen Menschen ganz beansprucht, zu dessen Ausrichtung er frei, ungebunden, selbständig sein soll und sein muß, wenn insonderheit ein innerer, geistlicher Beruf nur dann recht ausgerichtet werden kann, wenn sein Träger ganz unabhängig