Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/58

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Heilsbegierde, sondern in gefährlicher Neugierde. Ich leugne nicht, daß allerlei Spukgestalten durch die Welt gehen, aber das sind nie Geister von Abgerufenen. Die bei ihrem Herrn daheim sind, die wollen nimmer kommen, und, die nicht daheim sind, die dürfen nicht mehr kommen. Laßt euch durch diese Dinge nicht beschweren! Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen. Er offenbart sich auch nicht durch Tote, sondern durch sein lebensvolles Wort.

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 Und endlich sollen wir bei seinem Namen nicht lügen oder trügen! O, wie schwer ist dieses letzte Wort, weil es unser ganzes innerstes Geheimnis, unsere gottesdienstliche Lebenshaltung, unser religiöses Leben, daß ich so sage, betrifft! Es ist weit leichter für weniger fromm gehalten zu werden, als man ist, als für frömmer angesehen zu werden, als man wirklich ist. Jede Miene, jeder Zug in deinem Antlitz, der Andacht heuchelt, während dein Herz ferne davon ist, jedes stille Gebet in der Kirche, das du verrichtest, ehe du dich setzest, deine Blicke umherschweifen lassend und überlegend, was du der Nachbarin dann noch sagen willst, ist Lügen und Trügen in seinem und bei seinem Namen. Jedes kniend dargebrachte Gebet im Kämmerlein, das du nicht vom Herzensgrunde darbringst, ist Lug und Trug bei seinem Namen. Und nun zeigt sich unser ganzes Heiligungsleben so mit Falschheit und Schein durchsetzt. Wir ehren ihn mit unsern Lippen und nahen uns ihm mit unserm Munde, doch unser Herz ist ferne von ihm. Wir reden gewaltig gegen die und jene Unart, weil wir sie selbst üben. Wir sprechen flammend gegen den Unfleiß und lassen uns selbst gehen. Wir können über die Ausnützung der Zeit schöne Worte machen und wir vergeuden sie. Wir sprechen von der Pflicht der Nächstenliebe und der Erste, der an unserer Türe anklopft, sieht unser saures Antlitz. Wir reden, daß unsere Lindigkeit kund werden soll allen Menschen, und wir machen große Unterschiede: den