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Erbteils? Der die Missethat dämpfet und alle unsere Sünde versenket in die Tiefe des Meeres?“ Amen.


Neunte Stunde. Freitag Morgen.

 O HErr, unser GOtt, vor dem all unsere Tage enteilen und all unsere Zeit dahinflieht, wir bitten Dich, Du HErr aller Zeit und unseres Lebens, Du wollest uns jetzt bedenken lassen, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden, wollest aber in aller Furcht des Todes Deine sieghafte und todesüberwindende Gewalt uns schenken, daß wir unsern Weg wohl laufen, treulich vollenden und endlich unsern Geist Dir befehlen dürfen. Ja, HErr, erbarme Dich unser, gieb uns Deinen Frieden. Amen.

 „Ich bitte nicht, daß Du sie von der Welt nehmest, sondern daß Du sie bewahrest vor dem Uebel. Sie sind nicht von der Welt, gleichwie Ich auch nicht von der Welt bin. Heilige sie in Deiner Wahrheit, Dein Wort ist die Wahrheit.“

 Das Gebet: „Es ist genug, so nimm nun, HErr, meine Seele!“ ist ja oft erklärlich, aber es ist ein Gebet, welches nicht aus dem richtigen Motiv hervorgeht, nicht aus der heiligen Ruhe und Gefaßtheit. Es klingt ja wohl sehr gottesfürchtig, aber liegt nicht in dem „Es ist genug“ ein Eingreifenwollen in Seine Pläne? Was antwortet der HErr dem Elias? „Stehe auf, du hast einen weiten Weg vor dir.“ Er will das auch uns, auch Ihnen zurufen, wenn Sie manchmal in begreiflichem Pessimismus zagen. Wissen Sie auch wirklich, daß es genug ist, daß Sie Ihr Werk vollbracht haben? Haben Sie bedacht, wenn Sie solche Bitte in manchmal begreiflicher und doch sündlicher Eilfertigkeit Ihm vorgetragen, wie Sie zu Ihm kommen wollen?

„Ach bitt’ um Leben noch;
Du siehst mit deinen Mängeln,
Daß du nicht weilen kannst
Schon unter GOttes Engeln.“

(Angelus Silesius.)