Seite:Hermann von Bezzel - Etliche Mahnworte zur Frauenfrage.pdf/3

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 Verehrte Anwesende! Die Höhenlage einer Zeit, die Bedeutung ihrer Entwicklung wird abgemessen daran, welche Stelle die Frau in der ganzen Geschichte des Tages und in der Bewegung der den Tag erfüllenden Fragen einnimmt. Wenn die Frau das gottgewollte und gotteingestiftete Ideal in ihrem Wesen und Wirken zur Verkörperung zu bringen bestrebt ist, wird die Zeit eine hohe, reiche und reine sein und gerade die Männerwelt wird aus dieser inneren, treuen Bewahrung schöpfungsgemäßer Gedanken all das von Anreiz und innerer Belebung holen, was ihr zur Ausrichtung der ihr befohlenen Aufgabe nütze und not ist. Andrerseits wird eine Zeit, in der die Frau die naturhaft gezogenen Grenzen überschreitet, in deren Wahrung ebenso ihre Kraft wie ihre Aufgabe liegt, eine langsam niedergehende sein. Man wird gewahr, daß, wenn das feinste Geäder in der großen Menschheitsgeschichte, eben die Frauenfrage, irgendwie degeneriert, die ganze Menschheitsgeschichte darniederliegt. Ueber den Pforten der jetzigen Kulturwelt steht das Wort: Siehe, ich bin des Herrn Magd, und je mehr dieses Wort in seiner ganzen schlichten Herrlichkeit ins Leben eingesetzt und verwirklicht werden will und wird, desto mehr leuchtet von dem wortlosen Wandel der Frau, von der schlichten Bescheidung eine unnachahmliche und unvergleichbare Größe, reich genug, um eine ganze Zeit mit Friede und Freude und eine ganze Welt mit Glück zu erfüllen.

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 Wir haben gestern einen Sonntag[1] erlebt durch die deutschen Lande, der da, soweit es ihm möglich war, sich anschickte, die Inschrift von diesem Portal aller gottgesegneten Kultur wegzutun; zuerst das Wort der Abhängigkeit von einem persönlichen Gott als ein überaltetes und überjährtes, um dann die ganze Torheit des andern Wortes darzustellen: Ich bin eine Magd. Denn dazu kann, so meint die durch deutsche Lande flutende Bewegung, die Frau nicht verordnet sein, daß sie in magdlicher Bescheidung durch die Welt gehe, an den großen Tagesfragen, besonders an den politischen, keinen Teil


  1. Die Bewegung der Suffragettes, ins Deutsche übersetzt „für das Frauenstimmrecht“