Rücken gewendet, überholten mich dreißig, vierzig der Kerle. Ich blieb stehen und deckte mir den Rücken an der Treppenbrüstung. Ich war wieder besonnen. Von drei Seiten rückten sie mir jetzt auf den Leib mit dem heiseren Wuthruf: „Un soldo! Un soldo! …“ Ich hatte keinen mehr. Ich schrie es den Nächsten zu. Sie glaubten mir nicht. Auch drängte man von hinten nach. Ein paar Dreiste griffen mir an den Rock. Ich stieß sie zurück. Mit dem Stocke säbelte ich mir jetzt einen Durchgang bis an den Fuß der Treppe. Dann fing einer hinter mir das sausende Holz und entriß es mir… Und dann weiß ich keine Einzelheit mehr. Weiß nur, daß ich umhergestoßen und mißhandelt wurde, bis sie mich zufällig an ein Hausthor warfen. Das sprang unter meinem Anprall auf. Ich taumelte hinein. Im nächsten Moment hatte ich die Thür hinter mir zugeschlagen, den Riegel vorgeschoben. Draußen heulten die Kerle laut auf und wollten mich wieder haben. Diesmal hätten sie mich zerrissen. Prasselnd kamen Steine an das Haus geflogen. Der Hausherr aber war mildherzig und geleitete mich zur Hinterpforte, die auf den Berg führte, und von da erreichte ich in zerfetztem Gewande, mit Beulen auf dem Kopfe und Striemen im Gesichte „Upper-Capuccini“. Ich machte Toilette.
Miß Mabel und die anderen Erschrockenen waren längst von der Marina zurückgekehrt, wo sie einen Theil mit angesehen. Man hatte mich scheußlich zugerichtet, aber meine Wette war gewonnen. Aufruhr tobte durch Amalfi. Aus der unteren Stadt kamen Bulletins: der Sindaco hatte eine Rede gehalten, die Zollwache war zur Unterstützung der Polizei aufgeboten worden, und daß mich heute kein vergossenes Blut belastet, verdanke ich einem Platzregen, der endlich die Straßen säuberte. Unterdessen
Theodor Herzl: Philosophische Erzählungen. Gebrüder Paetel, Berlin 1900, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Herzl_Philosophische_Erzaehlungen.djvu/87&oldid=- (Version vom 1.8.2018)