Jakob Sprenger, Heinrich Institoris; J. W. R. Schmidt (Übersetzung): Der Hexenhammer | |
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Denn wer kann sagen, daß die mütterlichen Verbrechen oder fremde Sünden, was die Bestrafung anlangt, nicht auf die Söhne übergehen? Vielleicht der, welcher das Wort des Propheten im Sinne hat: „Der Sohn wird die Unbill des Vaters nicht tragen;“ aber wie ist es mit jener Stelle Exodus XX: „Ich, der Herr, bin ein Eiferer,[WS 1] der die Sünden der Väter heimsucht an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied?“ Dies ist nämlich der Sinn beider (Sätze): daß der erste verstanden werde von der geistigen Strafe im Urteil des Poles oder Gottes und nicht im Urteil des Forum; und zwar ist es die Strafe, welche grundsätzlich die Seele trifft, sei es nun die Strafe der Verdammnis, wie z. B. die Beraubung der Gnade, sei es die Strafe des Sinnes, d. h. das höllische Feuer der Qual. Mit diesen Strafen wird nämlich niemand ohne eigene Schuld gestraft, die entweder bezüglich der Erbsünde kontrahiert oder bezüglich einer alltäglichen Sünde begangen ist. – Wie aber die zweite Stelle, wie Gratianus I, qu. IV. § quibus, auseinandersetzt, von den Nachahmern der väterlichen Sünden verstanden wird, wo er auch noch andere Auslegungen gibt, so wird jemand nach dem Ratschluß Gottes mit anderen beliebigen Strafen gestraft nicht nur um seiner Schuld willen, die er begangen hat oder begehen will, daß sie nämlich vermieden würde, sondern auch um der Schuld eines anderen willen.
Es gilt auch nicht, wenn gesagt werden sollte, daß dann ohne Ursache und ohne Schuld gestraft wird, die die Ursache der Strafe sein muß: weil nach der Regel des Rechts niemand ohne Schuld zu bestrafen ist, wenn nicht eine Ursache vorliegt. Daher können wir sagen, daß immer eine Ursache, ja die allergerechteste, vorhanden ist, wenn sie uns auch unbekannt bleibt, Augustinus XXIV, qu. 4; und wenn wir bezüglich der Ausführung der Tat nicht in die Tiefe der Ratschlüsse Gottes eindringen können, so wissen wir doch, daß das, was er gesagt, wahr, und das, was er getan hat, gerecht ist.
Es ist jedoch ein Unterschied bei den (dem Dämon) dargebrachten Kindern, insofern als, wenn man von den unschuldigen spricht, die nicht von Hexen-Müttern, sondern von Hebammen den Dämonen geweiht und heimlich, wie oben gesagt ist, aus den Umarmungen und aus dem Mutterleibe einer ehrbaren Mutter geraubt werden, solche unschuldige, wie man in Liebe glauben muß, nicht so sehr verlassen sind, daß sie zu Nachahmern so großer Verbrechen gemacht werden, sondern zu Nachahmern der väterlichen Tugenden. – Das zweite, was jene gotteslästerliche Darbringung bewirkt, ist, daß, wie bei der Darbringung, bei der der Mensch sich selbst als Opfer darbringt, er Gott als seinen
- ↑ Vorlage: Eiferer;
Jakob Sprenger, Heinrich Institoris; J. W. R. Schmidt (Übersetzung): Der Hexenhammer. Hermann Barsdorf, Berlin & Leipzig 1923 / 1489, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hexenhammersprenger1923.djvu/293&oldid=- (Version vom 1.8.2018)