Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/278

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ersten Blatt. Sie, im Vorgrunde, so eben von dem elenden Wagen abgestiegen, der sie, wie man aus dessen Aufschrift sieht, aus jener Provinz brachte, stehend; den Vater im Hintergrunde, nicht so wohl reitend als bloß zu Pferd. Wie das Mädchen da steht! Eine hohe Schönheit ist sie, wie man sieht, freilich nicht. Hogarth war kein Schönheitsmaler, auch ist er in seinem ganzen Leben, so viel ich weiß, nur von zwei Personen dafür gehalten worden, davon war die eine Er selbst, und die andere seine selige Frau. Allein was dem Mädchen an hoher Schönheit abgeht, wird durch höhere Gesundheit, kindliche Simplicität und sanfte Unschuld mit großem Gewinn ersetzt. Ihr Anstand, wie man sieht, ist übrigens der einer derben, reinlichen, braven Dorf-Mamsell, aus der sich was machen ließe – und das geschieht auch. Der Knochenbau an ihr scheint in dem gröbern Dienst der Ceres und Pomona etwas in die Breite getrieben zu seyn. Beim Einsammeln von Vergiß mein nicht, Maßliebchen, Veilchen und der übrigen Busenblümchen der verliebten Schwärmerei wäre der Guß vielleicht feiner gerathen. Indessen sie ist noch tief in ihren Zehnen[1], und wächst noch, auch gehört sicherlich vieles von dem Eckigen in ihrem Zuschnitt auf die Rechnung des Dorfschneiders.

In ihrem Anzuge, so ländlich einfach, wie ihr ganzes Wesen, ist indessen nicht die kleinste Lüge; nichts ist zu weit auf- und nichts zu weit hervorgebauet. Hut und Schnürleibchen und Halstuch schützen und bewahren, was man ihnen anvertraut hat, mit Treue, ohne Prahlerei und mit dem kleinmöglichen Aufwand, wie Bienenzellen. Im ersten keine unbesetzte Etagen, und im letzteren nichts von leerer Gallerie. Das Gesichtchen, das unter ersterem ruht, spricht mit beredtem Stillschweigen,


  1. She is in her Teens, sagen die Engländer von einem Mädchen zwischen zwölf Jahren und zwanzig, weil die dazwischen fallenden sieben Zahlen sich alle in teen endigen: thir-teen – nine-teen (dreyzehn – neunzehn). Miss in her Teens ist ein bekanntes Schauspiel von Garrik. Man hält die Zeit, da die Mädchen anfangen zu zehnen, fast für gefährlicher als die, da sie anfangen zu zahnen.