Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/230

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Das dumpfe Reprochen-Gemurmel erhält dadurch Deutlichkeit, die Gardinen-Predigten mehr Leben, und die Befehle für das Gesinde die nöthige Schallweite durch die Etagen, ohne die keine Haushaltung bestehen kann. – Dieses Schnitzbild, so wie es da steht, ist unserem guten Künstler theuer zu stehen kommen. Es ist nämlich das Porträt einer alten Jungfer, mit welcher er, wo nicht gar verwandt, doch wenigstens sehr bekannt war. Von Anfang soll sie ganz wohl mit dieser Stelle in den Werken ihres Freundes zufrieden gewesen seyn, vermuthlich wegen der großen Aehnlichkeit mit dem geliebten Original. Diese seltene Gutmüthigkeit, ob sie sich gleich bloß auf Unbekanntschaft mit den Ränken der Welt gründete, hätte wohl verdient, daß er die Heldin, die sie äußerte, weggestrichen hätte. Allein eine gewisse Art guter Freunde, an denen es nie fehlt, redete ihm zu, die herrliche Figur stehen zu lassen, suchte aber zugleich der Dame das Scandal eines solchen Verfahrens so einleuchtend zu machen, daß am Ende zwar das Bild stehen blieb, aber dafür Hogarth aus dem Testament der Matronelle weggestrichen wurde, worin er gerne stehen geblieben wäre, weil sie ihn sehr reichlich bedacht hatte. Wer eine Tante zu beerben gedenkt, der mache ja keine Satyren auf Frauenzimmer über fünfzig, aber desto derbere auf alle unter vierzig. Den Lesern vom Tom Jones wird es angenehm seyn, sich hierbei zu erinnern, daß Fielding, wo er die Mutter seines Helden und Blifils ihrer Figur nach schildert, ausdrücklich sagt, sie habe ausgesehen wie diese Dame, und Fielding, wie man weiß, hat sie sehr gut gekannt. Tom Jones lieset sich noch einmal so gut, wenn man dieses weiß[1].


  1. Fielding hat sich dieses Mittels mehrmals bedient, um seinen Schilderungen Leben zu geben, und gewiß mit großem Vortheil. Auch der Hofmeister der oben genannten beiden jungen Herren kommt im Hogarth vor, und unsere Leser sollen ihn zu sehen bekommen. Der Romandichter, der hierin eine glückliche Wahl zu treffen weiß, findet bei dem Charakter, den er zeichnen will, schon mehr als die Hälfte gethan, denn der Leser arbeitet ihm selbst vor, und geht für sich selbst, wo er ihn hin haben will. Wir haben in Deutschland kein so allgemein bekanntes Kupferwerk von dieser Art, daß unsere Dichter sich darauf beziehen könnten; es müßte denn der Doppelmayersche Himmels-Atlas seyn, da kommen einige desperate Gesichter vor. Dabei hätte man noch den doppelten Vortheil, daß man seinen Helden nicht allein bezeichnete, sondern auch zugleich unter die Sterne versetzte.