Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/436

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Liebe; deux courages comme deux coeurs? Ein Ausleger muß sich zurückziehen, wenn er einen schweren locum so weit gebracht hat. – Also genug hiervon.

Hinter dem Bravo steht der Waldhornist, mit der linken Hand in den Hosen. Das Rekommandations-Schreiben des Hauptmanns gewinnt sicherlich durch den heroischen Jagdton, den der Bläser angibt. Musik ist für Seelen-Verwandtschaften, was Wärme für den Körper ist; sie dehnt aus und verfeinert durch Ausdehnung; was sich sonst abstieß oder in todter Berührung neben einander lag, fängt an, seine subtileren Stoffe zu mischen, und so fließt am Ende das Ganze zusammen. Die Ehen werden im Himmel geschlossen, sagt man; man sollte sagen: im Himmel, und wenns da nicht geht, auf Tanz- und Concertsälen. Dieser Waldhornist ist sicherlich nach der Natur gezeichnet. Eben weil er die Hand in den Hosen stecken, und dieses zu verbergen ein Paar der untern Knöpfe seines Rocks zugeknöpft hat, so muß Hogarth einen Mann so blasen gesehen haben. Vielleicht war ihm gar die Ursache dieser Stellung selbst nicht einmal bekannt. Aber ich erinnere mich, in meiner Jugend sehr oft einen Waldhornisten gesehen zu haben, der gerade so stand, wie dieser hier, wenn er blies, und von diesem wußte ich gewiß, daß er es that, um sich keinen Bruch zu blasen, oder eigentlich das Band zu unterstützen, das er eines Bruchs wegen trug, den er sich bereits geblasen hatte. Bei diesem war die Absicht des Handgriffs nicht zu verkennen, denn wenn er auch zuweilen beim piano unterblieb, so war er beim nächsten forte immer wieder da, und da ließ es dann, als wollte der gute Mann während seines Spiels nach der Uhr sehen. Es war aber blos mit dem Blasebalge nicht richtig.

Der Mann in der Mitte des Blattes, der, mit etwas ausgebreitetem Schweife, in einer Art von Welschen-Hahnen-Pas vor Rakewelln vorbei defiliren zu wollen scheint, ist ein französischer Tanzmeister der damaligen Zeit, und unverkennbar etwas Eigenes und Großes[1].


  1. Herr Nichols sagt in der angeführten Stelle ausdrücklich, der Mann sei der berühmte Tanzmeister Essex: S. 210 aber, wo er eigentlich die ihm bekannten Männer nennt, deren Porträte hier gegeben werden, sagt er davon nichts. Herr Ireland hält ihn für einen Franzosen, und das glaube ich auch. Aber Essex ist sicherlich kein französischer Name, auch ist es gar nicht wahrscheinlich, daß Hogarth einen Landsmann mit Haarbeutel und Schönpflästerchen würde abgebildet, oder der Landsmann selbst eine solche Verzierung gebraucht haben. Der ganze Mann ist es also wohl nicht, oder er ist wenigstens nicht in England erzogen. Allein es kommt immer hier auf die Verhältnisse zwischen unserm Künstler und Essex an. Es wäre immer möglich, daß etwa bloß das Gesicht diesem Manne gehörte, und Hogarth das Uebrige absichtlich hinzu gezeichnet hätte. Fielding (Tom Jones, Book XIV, Chap. 1.) sagt von diesem Essex, er glaube nicht, daß, wenn Homer und Virgil, Aristoteles und Cicero, Thucydides und Livius ihre Kräfte vereint hätten, sie eine solche Tanzkunst würden haben schreiben können, wie die, welche Essex unter dem Titel Rudiments of genteel Education herausgegeben habe. Das Köpfchen hier gewinnt nicht wenig, wenn man es sich im Genuß eines solchen Triumphs über jene große Alten denkt, und dabei voraussetzt, daß es sie sämmtlich entweder für Tanzmeister von Profession halte, oder sie bedauere, daß sie es nicht gewesen sind.