Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/573

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Thüre hängt indessen ein Blatt, das etwas anderes ist. Es hat die Ueberschrift: Whittington Ld Mayor (Whittington Lord-Mayor), und ist eigentlich das Gegenstück zu dem Moll Flanders, das über dem Haupt des Schläfers angeheftet ist. Dieses bedarf für den deutschen Leser einer Erläuterung. Dem Engländer sind diese Zettel für die Schicksale der beiden Helden eben so prophetisch, als ihre Namen für jedermann charakteristisch sind. Whittington und seine Katze sind ein so bekanntes Volks-Mährchen in England, daß ich mich keines einzigen entsinnen kann, das in Deutschland eben so epidemisch wäre, es müßte denn das von D. Faust und der höllischen Katze sein, das aber einen ganz von jenem verschiedenen Ausgang nimmt. Der thätige Whittington wurde durch seine Katze glücklich; der thätige D. Faust aber bekanntlich von der seinigen in die Luft geführt. Der deutschen Mißmüthigkeit, die hieraus einen Stoff zu neuem Gram und Klagen über deutschen Lohn des Verdienstes ziehen wollte, können wir hier zum Trost melden, daß vermuthlich die eine Geschichte so wenig wahr ist, als die andere. Indeß haben beide das mit einander gemein, daß es so gewiß einen Whittington gegeben hat, als einen D. Faust, und daß in beide, zu verschiedenem Zweck, Fabeln eingemischt worden sind, die nun bei der ersten die gesunde Vernunft nicht mehr so leicht zu scheiden weiß, als bei der letztern. Hier ist sie, ein Paar Erläuterungen abgerechnet, in möglichster Kürze:

Richard Whittington, ein armer Knabe, aus Sommersetshire, der seine Aeltern nicht einmal gekannt haben soll, wuchs im größten Elend endlich so weit heran, daß er sich nach London betteln konnte. Nach allerlei Ungemach wurde er um’s liebe Brot Küchen-Junge in dem Hause eines Kaufmanns, wo er den Tag über von einer zänkischen Köchin und des Nachts in dem erbärmlichen Winkel des Hauses von Ratten und Mäusen tyrannisirt wurde. Gegen die erstere (die Köchin) waffnete er sich mit Geduld, worin er einige Stärke besaß, und gegen die letzteren mit einer Katze, die er auf der Straße für den einzigen Groschen gekauft hatte, der sein Vermögen ausmachte. Nun hatte der Herr vom Hause, ein guter Mann, die Gewohnheit, so oft er