Seite:Holzwarth Passionsbilder.djvu/20

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Da Maria merkte, daß sie an dem ersten und andern Gebet nichts erwarb, da hub sie zum dritten Mal zu bitten an und sprach:

„Mein allerliebster Sohn! gedenke daran, daß du den Engel Gabriel sandtest und mir sagen hießest, daß ich ohne Wehe wäre. Nun weiß ich wohl, daß Himmelreich und Erdreich zergingen, ehe daß deine Worte zergehen, denn du bist die höchste Wahrheit. Willst du nun aber die jämmerliche Noth über mich also ergehen lassen, daß ich soll und muß deine mannigfaltige Marter sehen? Wie stehen denn nun die Worte, die du mir bei dem Engel entboten hast? Siehe Sohn und Herr! ich bin bereit mit dir zu leiden; laß nur nicht deinen zarten Anblick verspeicheln und verspeien!“

Da antwortete ihr der Herr und sprach: „Meine süße Mutter, es ist wahr, daß wir dir von der ganzen Dreifaltigkeit Rath den Engel sendeten und hießen dir sagen, daß du wärest ohne Weh. Das war eine Zeit der Süßigkeit und der Gnaden, in der du jetzt voll werden sollest alles Jammers und der Schmerzen. Soll nun des Menschen Seele, die von der Sünde verunreinigt ist, vor dem göttlichen Auge rein werden, so muß mein Anblick werden wie eines aussätzigen Menschen Anblick, wie der Prophet gesprochen hat: „Wir haben ihn gesehen als einen Aussätzigen, der geschlagen und gedemüthigt ist“. So wird der Mensch von Innen rein, wenn meine Seele

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Franz Joseph Holzwarth: Passionsbilder. Franz Kirchheim, Mainz 1856, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Holzwarth_Passionsbilder.djvu/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)