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Namen der Museen aufschreiben zu dürfen, doch schon waren wir am Rijks-Museum angelangt, wo unsere Wege sich trennten. Selbstredend erklärte ich mich zu den Angaben gern bereit. Der Alte zog sein Merkbuch hervor, doch ehe ich mit den Angaben beginnen konnte, sagte mir die Tochter mit freundlichem Dank Lebewohl, und zu meiner Überraschung verabschiedete sie sich auch von ihrem Vater, mit dem sie verabredete, daß er sie nach einer Stunde an dieser Stelle wieder erwarten solle. Dem Vater übergab sie die Leine mit Bijou und nahm dann von dem Hund so zärtlichen Abschied, daß ich wieder den häßlichen Gedanken an eine Gefühlsstörung nicht unterdrücken konnte. Dabei hatte mich das Mädchen unterwegs durch ihre wenigen Äußerungen derart für sich eingenommen, daß mir diese Beobachtung in der Seele weh tat.

„Wollten denn Sie nicht das Museum besichtigen?“ frug ich den Alten, während wir allein draußen standen. „Nein“, erwiderte dieser, „das ist nur für meine Tochter nötig, sie muß sich zerstreuen.“ Und auf einmal, als wolle er sich mit den Worten eine Last vom Herzen schütteln, rief er aus: „Oh, mein Herr, wir kommen aus der Hölle, wir haben die Belagerung von Antwerpen mitgemacht.“ „Ach so“, erwiderte ich, „da haben Ihre Nerven gelitten. Mir ist schon aufgefallen, daß Ihre Hand etwas zittert.“ „Bah“, fiel er ein, „das ist nichts, aber meine Tochter... Ach, hätten Sie sie früher gekannt, vor wenigen Wochen, da war sie ein fröhliches Mädchen, leichtfüßig und sprühend wie ein Fluß, der über die Wehr springt; oh, wie glücklich lebten wir, welch goldige, sonnige Tage liegen hinter uns! Und nun dieser Trübsinn und diese fixe Idee mit dem Hund..., es ist zu gräßlich!“ Es war nicht nur Neugier, sondern auch herzliche Teilnahme, was mich zu dem Vorschlag veranlaßte, in ein Restaurant zu treten. Ich begründete ihn damit, daß er dort bequem die Sehenswürdigkeiten Hollands in sein Buch vermerken könne, innerlich fühlte ich, daß es für den alten Mann eine Wohltat sein würde, mir sein Herz auszuschütten. „Ach“, begann der

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/122&oldid=- (Version vom 10.5.2018)