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Nachwort


Nach dem Gewitter

Eine junge Dame kommt mir auf der Straße entgegen und fragt mich nach dem Weg. Sie trägt eine Art Sportmütze auf ihrem Blondhaar, eine Ledertasche hängt gewichtig an ihrer Seite; sie ist Kassiererin des Elektrizitätswerks, also eine neue Gattung von Blitzmädeln. – Auf der elektrischen Straßenbahn turnt eine holde Schaffnerin durch den Wagen; gerade kein für das weibliche Geschlecht besonders geeigneter Beruf, aber sie knipst die Fahrscheine so gut, wie der stärkste Mann. Auf der Post wird man am Schalter nach der üblichen Wartezeit von einem weiblichen Assistenten abgefertigt, auf den städtischen Ämtern wimmelt es von jungen Damen, in den Zeitungsanzeigen sehen wir, daß gegenwärtig Kontoristinnen zu den begehrtesten Persönlichkeiten gehören, und der Überfluß des Lehrerinnenmarktes ist schnell in Amt und Würden abgelenkt worden. Es sieht aus, als ob plötzlich das weibliche Geschlecht das Ziel erreicht hätte, auf allen möglichen männlichen Arbeitsgebieten willkommen geheißen zu werden, aber die jungen Damen wissen selbst, daß ihre Posten nur Durchgangsposten sind, die sie räumen müssen, wenn deren ursprüngliche Inhaber aus dem Felde zurückkehren, sie finden es recht und billig, daß die leichten Stellen, die sie vorübergehend bekleiden, demnächst invaliden Kriegern zufallen.




Empfohlene Zitierweise:
Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/134&oldid=- (Version vom 1.8.2018)