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So fremd und abstoßend das Rasen der Kriegsbestie der Geistesart der Frauen erschien, sind diese nicht davor zurückgebebt, und wenn ihre Herzen erzitterten, klammerten sie sich fest an der Überzeugung, daß kein zeitliches Opfer zu teuer sei, um das Ewige, das deutsche Vaterland, gegen den tückischen Erdrosselungsplan seiner Feinde zu schützen. Während ihre Söhne, Gatten, Brüder draußen gegen die leiblichen Feinde fochten, kämpften sie heldenmütig den seelischen Kampf gegen Sorgen und Schmerzen, die nicht minder schrecklichen Feinde; sie haben in opfermütigem Dulden, in Samariterarbeit und dienender Liebe sich als stille, treue Helferinnen des Vaterlandes gezeigt. Man wird die Frauen bei Festen und Banketten dafür preisen als die Sterne und Schutzengel Deutschlands, sie dürfen neue Fahnenbänder sticken und die Brüste neuer Helden mit Kotillonorden zieren, sie dürfen gefühlsmäßig Anteil nehmen an Wohl und Wehe des Vaterlandes, aber sonst ist ihre Verbindung mit dem Staat unterbrochen, ihnen stehen vorläufig keine politischen Rechte zu im Deutschen Reich, denn dieses ist ein Männerstaat, obwohl in Zukunft sicher weit mehr, als die Hälfte seiner Angehörigen Frauen sein werden.




Schließlich können auch die in der Mehrzahl befindlichen Frauen, denen an Beruf oder Stimmrecht bei Reichstagswahlen gar nichts gelegen ist, und die im Genügen einer treuen Ehe ihr Lebensideal sehen, nicht zufrieden sein, denn, ach, wieviele Gattinnen tragen den Witwenschleier, und aus den Kreisen der Unverheirateten tönt die leise Klage: Es gibt ja keine Männer mehr! Ein großer Teil einer Generation ging für den häuslichen Herd verloren, denn das Vaterland bedurfte ihrer und hat gewichtigere Ansprüche.




Empfohlene Zitierweise:
Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/135&oldid=- (Version vom 1.8.2018)