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daß ihre Helene stärker und fester war, ihre Liebe ernster und reiner, als sie je erwartet. Sicher würde sie sich im Feuer des Leidens, das dieser Krieg der „Soldatenbraut“ auferlegte, von allen Schlacken läutern, sicher würde das leicht gesponnene Fädchen unter diesem rauhen Eingriff des Schicksals fest und unzerreißbar werden, das war die Glückverheißung. „Wenn nur Richard noch nicht gefallen ist, wenn er nur den Krieg übersteht!“ Dieser Gedanke umschlang Mutter und Tochter, innig verbunden saßen sie wieder auf der Gartenbank und beteten für das Heil des jungen Kriegers.




Müde und niedergeschlagen kehrte Herr Frank zurück, und das Mittagessen wurde in recht gedrückter Stimmung eingenommen. Frank erzählte, daß die Beamten der Eisenbahn und der Post gestern die Stadt verlassen hätten, daß die Eisenbahngleise gesprengt seien, und daß die Deutschen beabsichtigten, den Oberelsaß preiszugeben. Erst auf Befragen gab er über die eigene Angelegenheit Auskunft. Die Einquartierung werde nicht kommen, aber man habe ihn einen Verräter genannt. „So etwas muß ich mir sagen lassen“, rief er in verzweifeltem Zorn, „und die weiteren Folgen werden nicht ausbleiben.“ „Welche Folgen?“ frug geängstet seine Frau. „Ich weiß nicht“, erwiderte er, „man hat mir nur gedroht. Drüben herrscht ein toller Übermut, man ist des Siegeslaufs so sicher. Die Russen von drüben, die Franzosen von hier, das Spiel ist kaum zu verlieren, und wer weiß, welche Schurkerei gegen mich ihre Rachsucht dann ausheckt. Vorläufig wird man nur bei uns plündern, denn ein Schreiber sagte mir: ‚Die Franzosen sind nicht hierher gekommen, um zu hungern und zu dursten, und das Nötige werden sie bei denen sich holen, die uns als Feinde entgegentreten.‘“ „O Gott“, rief seine Frau, „so laß uns unsere Sachen verstecken!“ Nun gab es einen Aufruhr, ein Gespute. Das Haushaltgeld, die Schmucksachen, das Silbergeschirr, die Kleider, wenn möglich alles sollte versteckt werden,

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)