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auf einem Grasplatz im Ballspiel herum. Diese Mädchen waren etliche Jahre jünger als Helene, aber im Spiel zeigten sich alle gleich kindlich und wirbelten mit glühenden Wangen wie Rosenblätter auf dem Grasplatz umher. Als Frau Frank Helene zur Heimkehr rief, stieß sie auf lebhaften Widerspruch, vergessen war alle Kriegsnot, vergessen die Sorge um Richard, die alte Helene, das reine Kind, war wieder aufgelebt, dessen Herz jetzt nur das Streben fühlte, das Ballspiel fortsetzen zu dürfen. Herr Klein legte sich für sie ins Zeug: „Lassen Sie sie doch noch hier! Gerade in dieser Zeit soll man niemandem seine Freude nehmen. Ich bringe Ihnen Helene wohlbehalten nach Haus, und sollte etwas Schlimmes geschehen, nirgendwo ist sie sicherer, als hier; ich kann sie ja notfalls in einem Safefach einschließen“, sagte er lachend. So zogen Herr und Frau Frank, von Frau Klein noch mit einigen Leckerbissen für ihr Abendessen bepackt, allein nach Haus.

In der Stadt war lebhafte militärische Bewegung. Französische Fußsoldaten standen hier und da in Gruppen und ließen die Feldflasche kreisen, Reiter bewegten sich hin und her; es war fast, als ob sie auf etwas lauerten. Da, — kaum waren Herr und Frau Frank zu Hause angelangt, hörten sie plötzlich einen Kanonenschuß im Norden Mülhausens, bei dem Vorort Pfastadt. „Das ist deutsche Artillerie“, sagte Herr Frank. Beide stiegen auf den Balkon und sahen die ersten Schrapnells in die Stadt einschlagen. Doch auch auf dem Bergkamm ihnen gegenüber leuchtete es auf; die französische Artillerie, die sich dort heute morgen eingerichtet, ließ ihre Kugeln pfeifen. Herr Frank machte vor der ersten eine tiefe Verbeugung, aber dann erläuterte er seiner zitternden Frau mit Kennermiene, daß die französischen Kanonen unbedingt über ihr Haus hinwegschießen müßten, wenn sie die deutschen Batterien anspucken wollten, dagegen wäre es, wenn die Deutschen ungenau zielten, wohl möglich, daß eine ihrer Granaten anstatt des Tannenwäldchens ihre Villa träfe. Da schlug gerade ein solches Ungetüm zwischen der Villa und dem Berg in die Erde,

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)