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bohrte sich, wie voll Wut und Tücke, ein und wirbelte Erde, Gras, Steine in die Höhe. In herzzerreißender Angst flüchtete das Ehepaar in den Keller, ihr letzter Blick nach der Stadt zeigte ihnen wieder, wie dort ein glühender Hagel von Schrapnells niederging, und mit der Angst umpreßte zugleich die Sorge um Helene ihre Herzen. „O Gott“, stöhnte Frau Frank, „wenn ich das Kind verlöre! Komm, laß uns beten!“ Sie begann, wie sie es in ihrer Kindheit gelernt hatte: „Notre père, qui es aux Cieux“, doch Herr Frank unterbrach sie: „Liebste, nicht diese Laute! Ich kann nur deutsch beten!“ So begann sie und betete immer wieder das „Vaterunser“. Sie saßen im Keller auf einer Kiste, er hielt sie umschlungen und suchte sie zu trösten. „Bei Klein wird man ebenso im Keller sitzen, wie wir hier. Gott ist überall und wird Helene schützen. Denke doch nichts Schlimmes, ich flehe dich an“, damit küßte er ihr die Tränen von den Wangen und Augen. „Ich vertraue ja auch zu Gott, daß ihr nichts geschieht“, sagte sie einmal, „was bliebe mir noch in der Welt, wenn ich sie verlöre?“ „Es klingt wohl etwas eigentümlich“, war die zagende Antwort, „wenn ich sage, daß ich dir noch bleiben würde.“ „Allerdings“, seufzte sie, „ach Gott, wir haben uns so weit voneinander entfernt.“ „Wir können uns doch wieder näherkommen, unser Lebensbund muß neu geschlossen und befestigt werden, Liebste“, fuhr er empor, „wir sollen und müssen uns näherkommen. Was hindert uns daran? Mir bist du das einzige Weib auf Erden, das ich wahrhaft liebe, und sollte noch je die Versuchung wieder an mich herantreten, ich habe den festen Willen, sie abzuwehren. Mich verlangt nach dem Bewußtsein, dir den Treuschwur bewahrt zu haben.“ Wie wonnig labend fielen ihr diese Worte in das gequälte Herz. „Ich habe dir nicht genug Nachsicht bewiesen“, erwiderte sie, „ich hätte deine kleine Verirrung längst vergessen sollen, kannst du mich denn noch ehrlich lieben?“ „Juliette, soweit das Feuer der Liebe noch in mir brennt, brennt es für dich“, jubelte er und drückte seine Frau stürmisch an sein Herz. Während über

Empfohlene Zitierweise:
Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)