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nur förderlich sein, wenn er baldigst hier fortkommt.“ Die Augen von Herrn und Frau Frank leuchteten in doppelter Freude über diesen Bescheid, und der Arzt versprach noch, die Angelegenheit bei der Militärbehörde zu ordnen. — Helene hatte sich inzwischen an das Lager des Verwundeten gesetzt, ihre Hand mit seiner gesunden Linken verschlungen und wurde nicht müde, ihn anzuschauen. Ruhig atmend, mit heiterem Gesichtsausdruck lag er da, und während aus der Ferne Trompetenklänge dazwischenklangen, flüsterte sie glückselig immer wieder: „Wie lieb, wie lieb ich dich habe, mein Einziger! Oh, nun hab’ ich dich wieder. O Gott, laß ihn bald genesen! Wie ruhig er schläft! O du mein einziger Schatz!“ Wieder öffnete Richard langsam die Augen, und diese belebte ein Freudenstrahl des Erkennens, das ein leichter, aber doch für Helene bemerkbarer Druck um ihre Hand bestätigte. Es war noch heller Tag, als der Arzt zurückkam und die Kopfwunde vernähte. Hierüber erwachte der Schläfer, er erkannte alle, dann schaute er mit schmerzlichem Gesichtsausdruck auf seine verstümmelte Hand. Der Arzt sprach ihm Trost zu, doch der Kranke schloß die Augen wieder. Die anderen berieten nun die Vorkehrungen der Reise. „Vielleicht entsteht ein kurzes Wundfieber“, sagte der Arzt. „Nachher schaffen Sie den Herrn Leutnant, — als alter Freund darf ich wohl sagen: den Herrn Schwiegersohn, der jetzt allerdings nur noch zur linken Hand heiraten kann, — so schnell wie möglich aus dem Mülhausener Hexenkessel in irgendeine stille Idylle. Für das blutige Kriegshandwerk ist er verloren, aber, da er schon so feste Liebesfädchen gesponnen hat, wird er vielleicht, wenn mal wieder Friede ist, ein tüchtiger Spinnereidirektor werden.“ Herr Frank lachte sein herzliches Lachen, er lachte so laut, daß der Leutnant nochmals langsam die Augen öffnete. Von einem zum andern ging sein stiller, dankbarer Blick, dann blieb er starr haften an einer Stelle der Wand. „Was

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)