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von vornherein ein Pechvogel. Ich sage Ihnen, Frau Direktor, wenn ich solche Wirtschaft geführt hätte, wie die rote Hanne, mein Mann würde mir heimgeleuchtet haben, aber bei mir …“ — „Schluß“, sagte Frau Wilhelmi, und indem sie aufstand, veranlaßte sie Frau Richter, dasselbe zu tun. Diese wurde mit bestem Danke entlassen, beim Hinstrecken ihrer Hand machte Frau Wilhelmi eine leichte Bewegung, wodurch sie dem Händedruck entging, und das Dienstmädchen führte die etwas überraschte Zeitungsfrau zur Türe hinaus.

Als Direktor Wilhelmi zum Mittagessen kam, empfing ihn seine Gattin mit der Frage: „Noch keine Nachricht?“ die er mit stummem Kopfschütteln verneinte. Ihr einziger Sohn Viktor schwamm als Leutnant zur See auf der Ariadne vor Helgoland, und die Tischunterhaltung der Eltern drehte sich ausschließlich um maritime Fragen und die Aussichten für Deutschlands ungleichen Kampf um das Meer. Wie vieles wußten die beiden zum Preise unserer neuzeitlichen Marine zu sagen, wie viele Erlebnisse und Hoffnungen bauten ihnen die Brücke von dem schwarzen, toten Land, das sie umschloß, zu dem blauen, atmenden Meer. Sie war ein Kind der Waterkant, er war Schiffsingenieur gewesen, bevor ihn ein guter Stern in den Bergbau führte, der dem jungen Mann eine unerwartet glänzende Laufbahn geöffnet hatte. Trotz dieses Erfolges war das Meer beider alte Liebe geblieben, nach der geheime Sehnsucht immer zieht, und wie leuchtete ihr Stolz, daß ihr Sohn die zerrissenen Fädchen neu geknüpft hatte und jetzt berufen war, des Deutschen Reiches Ehre auf den Fluten zu verteidigen, auf die der Deutsche Anspruch hat, so gut wie England, und die er für sich urbar machen wollte und mußte. — Dann wieder krampften sich ihre Herzen zusammen, wenn die Rede auf die Zehnminutenhölle der Seeschlacht kam, die ja doch eines Tages geschlagen werden mußte, doch dann zauberte ein neues Glas Wein bei Herrn Wilhelmi wieder neuen kühnen Mut hervor. „Für die Ausland-Kreuzer liegt die Sache ja

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Aurel von Jüchen: Frauenleben im Weltkriege. Xenien-Verlag, Leipzig 1915, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:J%C3%BCchenFrauenlebenImWeltkriege.pdf/54&oldid=- (Version vom 1.8.2018)