Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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gebracht hätten. Dass sich doch die Menschen nicht von ihren Vorurtheilen losmachen können! Sollen wir denn die Erzbischöfe von Mainz ehren, wenn sie nicht ehrwürdig sind, darum ehren, weil BONIFAZ, der erste Bischof von Mainz, den wilden Bewohnern das Pferdefleisch abgewöhnt hat? und sollen wir darüber vergessen, dass eben dieser Mann die päbstliche Hierarchie zuerst in Deutschland gegründet hat? Die Vorfahren dieser Mönche mögen immerhin, wie die Ahnherren des rheinischen Adels, wackere Leute gewesen sein. Niemand wird ihre wirklichen Verdienste bei allen ihren Fehlern schmälern. Aber darum darf es ihren entarteten Nachkommen seit Jahrhunderte her, nicht einfallen, Anspruch auf unsere Dankbarkeit zu machen. Das kann nur von persönlichem Verdienste gefordert werden. Unser Zeitalter schwingt mit Recht die Geisel über entartete fürstliche, priesterliche und adelige Sanskulotten.
Die Aussicht von dem Balkon des Schlosses auf Johannisberg ist bezaubernd. Man hat den ganzen Rheingau vor sich von Biberich biss nach Bingen hinab. Unser Führer hatte die Güte, uns auf dieser herrlichen Stelle mit kalter Küche zu bewirthen, die aus jungen Hühnern und frischem
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/103&oldid=- (Version vom 5.9.2023)