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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

Nebenländer. Der offen ausgesprochene Hauptzweck, den die hungarischen Ultraliberalen erreichen wollen, ist die Constituirung Hungarns zum selbstständigen Staate, mit einer eigenen Regierung und verantwortlichem Ministerium. — Die ostensiblen Wege, auf welchen die hungarischen Demagogen (?) ihren Hauptzweck erreichen wollen, sind:

 a) beständige Verunglimpfung der jetzt bestehenden Regierung mit dem Vorgeben, sie hege für die Entfaltung des Wohlstandes und des constitutionellen Lebens von Hungarn keine aufrichtige Absichten;

 b) scheinbare Erleichterung des Bauers, um seine Anhänglichkeit an die Regierung zu erschüttern und an den Glauben zu gewöhnen, dass sie nichts für ihn thun wolle und könne, und dass er also sein Heil nur vom Landtage, und mittelbar von seinem Grundherrn erlangen könne (diese Idee wurde nach dem letzten Landtage von den Magyaromanen mit allem Feuereifer geltend gemacht);

 c) Comitatisirung Croatiens und Annihilirung desselben als Königreich; — denn dies sollte der Vorläufer des Magyarisirens sein, welches dann gelingen müsste, sobald Croatien nicht mehr als Königreich Croatien repräsentirt, sondern blos in drei Comitaten Hungarn einverleibt würde. — Es versteht sich von selbst, dass sich Croatien sodann dem Gesetze wegen Ausbreitung der magyarischen Sprache fügen müsste, weil es nur noch als hungarische Comitate, somit als ein integrirender Theil des Ganzen betrachtet und sein Gewicht in der Repräsentation eben so, wie Slawonien verlieren würde;

 d) Consolidirung Hungarns durch Einverleibung Croatiens, Slawoniens und Siebenbürgens, um seiner Zeit als ein kompactes grosses Königreich Hungarn aufzutreten. Die Consolidirung erscheint den Propagandisten deshalb unerlässlich, weil sie das unmittelbare Angränzen an fremde Staaten und das adriatische Meer — somit auf diese Art möglich macht, einen selbständigen und von Oesterreichs Einfluss unabhängigen Handel mit dem Auslande zu begründen.

 Die croatischen Magyaromanen datiren ihren Ursprung aus der Opposition am letzten Landtage. Von diesem heimgekehrt, verbreiteten sie hier die dort erhaltene Lehre und machten es hier modern, der Opposition anzugehören. Sofort erkannten sie für nothwendig, einen Zentralheerd zu etabliren, wozu ihnen ein Casino am geeignetsten erschienen ist. — Einige Stifter desselben wollten gleich anfangs mit dem Zweck desselben hervortreten und in den Statuten offen erklären, dasselbe solle ein Institut zur Verbreitung der magyarischen Sprache und ihrer Tendenzen bilden. Sie fanden jedoch mit dieser politischen Färbung keinen Anklang, mussten daher — um eine genügende Zahl von Mitgliedern zu gewinnen — diese Färbung aufgeben und sich begnügen, das Institut nach der Hauptstadt zu benennen, um so jeden Einwand zu beseitigen. Die Führer wussten anfangs ihren Missionseifer an sich zu halten, bis so viel Mitglieder beitraten, als nöthig waren, die Existenz des Institutes zu sichern. Als dies geschehen war, traten sie allmählig mit ihrem Streben deutlicher hervor. Der Anfang wurde damit gemacht, dass nach langen Vorberathungen die Comititasirung zuerst in Warasdin unter der Aegide des dortigen Obergespanns-Administrators in einer General-Congregation versucht wurde. Der Versuch scheiterte zwar gänzlich. Das Vorhaben ist aber deshalb noch immer nicht aufgegeben. — Indessen hatte dieser Versuch eine sehr wichtige Folge. Er zerriss nämlich gänzlich den leichten Schleier, der bis dahin das Streben der Propaganda deckte, und liess die der Magyarisirung abholden Croaten nun deutlich den Feind erkennen, der zur Vernichtung ihrer Existenz als Königreich und der in dieser staatsrechtlichen Eigenthümlichkeit enthaltenen Munizipalrechte und Nationalität allmählich heranrücke. Dieser Versuch brachte ferner in dem politischen Leben der Croaten eine starke Reaktionsbewegung hervor, — die um so mehr wuchs, je weniger die Magyaromanen in der Entwicklung der feindseligen Elemente gegen die Nationalität und Munizipalität der Croaten ihren offenen Uebermuth zu bändigen,

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/282&oldid=- (Version vom 25.11.2019)